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Arla: „Wir glauben an unsere Nachhaltigkeitsstrategie“

Arla reduzierte den Grundpreis, um den Nachhaltigkeitszuschlag einzuführen. Das sorgt zum Teil für Unmut. Kasper Thormod Nielsen erklärt, wieso er die Molkerei dennoch auf dem richtigen Weg sieht.

Lesezeit: 7 Minuten

Arla führte im Jahr 2020 den Klimacheck ein, dieses Jahr folgte der Nachhaltigkeitszuschlag. Das ist ein Anreizsystem, für das Landwirte bis zu 2,4 ct/kg Zuschläge erhalten können. Um das zu finanzieren, reduzierte die Molkerei den Grundpreis, was bei einigen Mitgliedern nicht gut ankommt. Wir haben mit Kasper Thormod Nielsen gesprochen, der von dem Weg der Genossenschaft überzeugt ist.

Herr Nielsen, Sie haben eine neue ­Position bei Arla. Was beinhaltet sie?

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Nielsen: Ich bin seit zwölf Jahren bei Arla und seit August dieses Jahres Director Members and Agriculture Commercial Central Europe. Mit anderen Worten bin ich das Bindeglied zwischen Molkerei und den landwirtschaftlichen ­Betrieben in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg. Es ist wichtig, dass wir als Molkereigenossenschaft wissen und ver­stehen, was auf den Höfen los ist. ­Andersherum ist es ebenso relevant, dass unsere Mitgliedsbetriebe wissen und verstehen, welche Themen die Molkerei beschäftigt und vorantreibt.

Schnell gelesen

- Kasper Thormod Nielsen ist bei Arla Bindeglied zwischen Molkerei und den landwirtschaftlichen Betriebe.

- Der Nachhaltigkeitszuschlag basiert auf einem Punktesystem und soll Anreize schaffen für die Arla-Mitglieder.

- Der Grundpreis muss bisher zur ­Finanzierung des Modells herhalten. ­Dafür ­können die Mitglieder hohe ­Zuschläge erreichen.

- Milchwirtschaft ist für Arla ein Teil der Lösung des Klimaproblems. Auch der Handel soll davon profitieren.

Mit dem neuen Nachhaltigkeits­zuschlag hat Arla ein Anreizmodell ­geschaffen, das Ihre Mitglieder zu mehr Nachhaltigkeit motivieren soll. Wie genau funktioniert das Modell?

Nielsen: Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis 2030 unserer Treibhausgasemissionen um 30 % zu reduzieren. Im Jahr 2020 haben wir unseren Klimacheck eingeführt, bei dem 95 % unserer Landwirte jährlich mitmachen, was 98 % der Arla-Milchmenge entspricht. Der Klimacheck beinhaltet nicht nur das Erfassen von Daten, sondern auch eine Beratung. Dort werden die Ergebnisse ausgewertet sowie die Stärken und Potenziale der Betriebe erarbeitet. Ein Teil unserer Mitglieder hat sich ­darüber hinaus ein Modell gewünscht, das umgesetzte Maßnahmen und deren positive Auswirkungen auf die CO2-­Bilanz belohnt. So ist der Nachhaltigkeitszuschlag entstanden. Das Anreizmodell baut auf den Daten aus dem Klimacheck auf. Das heißt, die Teilnahme am Klimacheck ist Voraussetzung, um den Nachhaltigkeits­zuschlag zu erhalten. Der ­Zuschlag ist ein punktebasiertes System, in dem 80 Punkte in verschiedenen Bereichen verteilt werden. Pro erreichtem Punkt gibt es 0,03 ct/kg Zuschlag, also bis zu 2,4 ct/kg. Das Modell belohnt die konkreten Maßnahmen, nicht den spezifischen ­CO2-Fußabdruck der Betriebe.

Wofür genau vergibt Arla Punkte?

Nielsen: Wir haben sechs übergeordnete Bereiche definiert. Die meisten Punkte gibt es für die wirksamsten Maßnahmen. Das ist zum Beispiel ein effizienter Futteraufwand, der Düngemitteleinsatz sowie die Flächennutzung. Es gibt aber auch Punkte für Weidegang, Dauergrünland oder die bodennahe Gülleausbringung.

„Wir wollen führend​ beim Thema Nachhaltigkeit​ sein und daraus einen​ Mehrwert generieren.“​

Kritische Stimmen werfen dem Modell vor, Bio- und Dauergrünlandbetriebe zu benachteiligen, weil es extensive Höfe schlechter stellt als intensiv ­geführte. Ist es richtig, allen Höfen das gleiche System überzustülpen?

Nielsen: Das Modell ist flexibel angelegt und bietet allen Betriebsformen die Möglichkeit, Punkte zu sammeln. Jeder Betrieb ist anders und allein in Deutschland gibt es immense Unterschiede zwischen den Höfen. Das ­Programm ist noch nicht perfekt, denn wir betreten hier Neuland. Wir be­finden uns in einem Prozess, in dem wir das Tool gemeinsam mit unseren Landwirten optimieren. Wir können nicht darauf warten, das absolut perfekte Programm zu haben, sondern müssen starten. Wir wollen unseren Mitgliedern die Möglichkeit bieten, sich jetzt zu verbessern.

Was versprechen Sie sich von dem ­Anreizmodell?

Nielsen: Wir wollen unsere Landwirte voranbringen sowie ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit fördern. Fast immer wirken sich die Maßnahmen, die den CO2-Fußabdruck verbessern, auch positiv auf die Wirtschaftlichkeit aus. Die Betriebe profitieren außerdem davon, dass sie sich in einer Benchmark mit anderen, ähnlichen Höfen vergleichen können. Wir von Arla profitieren dank Klimacheck und Anreizmodell wiederum von wissenschaftlich basierten Daten, die für unsere Nachhaltigkeitsberichterstattung zentral sind und die wir auch unseren Kunden in einem kommerziellen Programm zur Ver­fü­gung stellen können. Wir wollen führend sein beim Thema Nachhaltigkeit und daraus einen Mehrwert generieren.

Bisher leidet der Grundpreis ­unter dem Nachhaltigkeitszuschlag. Arla schneidet schlecht ab im top agrar-Milchpreisbarometer.

Nielsen: Um das System ans Laufen zu bekommen, mussten wir zunächst beim Grundpreis etwas wegnehmen und umverteilen, das ist richtig. Landwirte, die sich an dem Anreizsystem beteiligen, können aber bis zu 2,4 ct je kg Zuschläge bekommen. Im Schnitt zahlen wir aktuell einen Zuschlag für das Nachhaltigkeitsprogramm in Höhe von 1,65 ct/kg. Hinzu kommt ­jeweils ein weiterer Cent Zuschlag für die Teilnahme am Klimacheck und für GVO-freie Milch. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Zahlungen, zum Beispiel für Logistik- und Qualitätsparameter sowie eine garantierte Nachzahlung. Das top agrar-Milchpreisbarometer im Internet verzerrt das Bild unserer Auszahlungsleistung leider sehr, da dort nur der Grundpreis abgebildet ist. ­Darüber sind wir nicht glücklich. Im Jahres- und im Fünfjahresvergleich mit anderen Molkereien stehen wir gut da.

Wie wollen Sie es schaffen, Mehrwerte zu generieren, damit die Wertschöpfung nicht vom Grundpreis, sondern vom Markt kommt?

Nielsen: Wir möchten mit unseren Produkten Mehrwerte erzielen, wie es uns bereits mit unseren Markenprodukten gelingt. Dazu haben wir zum Beispiel Spezialmilchen im Sortiment und Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Aspekt unserer Markenkommunikation. Die Abnehmer unserer Milchprodukte verfolgen außerdem selbst das Ziel, ihre Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Als Zulieferer mit ­einem entsprechenden Milchpool und den dazu gehörigen Klimadaten bieten wir einen Mehrwert an.

In Großbritannien ist es uns bereits gelungen, rund 1 Mrd. kg Milch mit mehr Wertschöpfung zu vermarkten. Dort stellen wir Daten zur Verfügung, die die Klimamaßnahmen unserer Landwirte mit Zahlen belegen. Wir möchten eine Vorreiterrolle einnehmen und führen das Kundenprogramm 2024 auch in Deutschland ein.

„Die am Anreizmodell​ teilnehmenden Betriebe​ erhalten einen Zuschlag von​ durchschnittlich 1,65 ct/kg.“​

Inzwischen beschäftigen sich zahlreiche Molkereien mit ihrem CO2-Fuß­abdruck und dem Thema Nachhaltigkeit. Bluten am Ende nicht wieder die Landwirte, wenn die Maßnahmen und die vorhandenen Daten zum Standard im Lebensmitteleinzelhandel werden?

Nielsen: Wenn jede Molkerei eines ­Tages Daten liefern kann, wird es für den einzelnen schwieriger, Mehrwerte zu vermarkten. Wir als Arla möchten eine international geltende Antwort auf Klimafragen geben können und ­Pionier sein. Wir sind stolz darauf, dass unsere Landwirte ihren Klimafußabdruck kennen und dass wir so einen genauen Standard entwickelt haben.

Dennoch befinden sich mehrere ­Millionen Kilo Milch in Kündigung. Kennen Sie die Gründe dafür und ­haben Sie Sorge, dass Sie Ihre Werke bald nicht mehr auslasten können?

Nielsen: Es gibt unterschiedliche Gründe für die Kündigungen: Einige Betriebe haben keine Nachfolge oder geben die Milchwirtschaft aus anderen Gründen auf. Anderen gefällt unsere Strategie nicht. Es ist immer traurig, wenn uns Landwirte verlassen, es kommen aber auch neue Mitglieder zu uns, die von unserem Konzept und ­unserem Milchpreis überzeugt sind. Daher müssen wir uns bisher keine Sorgen um die Auslastung un­serer Werke machen.

Die geopolitische Lage ist angespannt. Das wirkt sich auf die Inflation und auf das Konsumverhalten aus. Warum glauben Sie, dass Sie Kunden mit dem Thema Nachhaltigkeit locken können?

Nielsen: Dort, wo politischer Druck herrscht, ist das Thema Nachhaltigkeit teilweise in den Hintergrund gerückt. Dennoch: Politik und Lebensmittel­einzelhandel haben sich ihre Nachhaltigkeits- und Klimaziele gesteckt. Das größte Potential sehen wir beim Handel, wenn wir ihn mit unseren Klimadaten für unsere Milch dabei unter­stützen können, seine eigenen Ziele zu erreichen.

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