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Diese fünf Optionen haben Schweinehalter jetzt noch

Die Schweinehaltung in Deutschland hat in den letzten Jahren einen nie da gewesenen Strukturbruch erlebt. Welche Optionen haben Ferkelerzeuger und Mäster noch?

Lesezeit: 5 Minuten

Die Schweinehaltung in Deutschland hat in den letzten Jahren einen nie da gewesenen Strukturbruch erlebt. Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage der Betriebe aufgrund der besseren Preise im letzten Jahr etwas entspannt hat und die Zahl der Betriebsaufgaben zurückging, ist die Stimmung bei den Schweinehaltern aktuell sehr verhalten. Sie brauchen mehr politische Planungssicherheit und langfristig stabile Preise.

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Doch welche Möglichkeiten bleiben den Schweinehaltern selbst, um mit der aktuellen Situation umzugehen? Berater gehen von folgenden Optionen für Landwirte aus:

Weitermachen wie bisher, „auf Sicht fahren“ und auf aktuelle Standards aufrüsten,

  • stärkere vertragliche Bindungen eingehen, um Risiken zu minimieren,

  • in eine höhere Haltungsformen bzw. Tierwohlprogramme umsteigen,

  • ein ergänzendes Standbein zur Schweinehaltung aufbauen oder

  • die Schweinehaltung ganz aufgeben und sich neu orientieren.

1. Auf Sicht fahren

„Viele Betriebe produzieren bei den guten Ferkelpreisen weiter und warten ab, wie sich der Markt und die sonstigen Rahmenbedingungen entwickeln“, so Christian Schramm, vom Landwirtschaftsamt Biberach in Baden-Württemberg. Ähnlich formuliert es Lukas Schmidle von der Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg in Baden-Württemberg: „Wie viele Betriebe tatsächlich umbauen, hängt von der Einkommenssituation in den nächsten ein bis zwei Jahren ab. Wenn die Preise stabil bleiben, werden die Betriebe umbauen. Wenn sie sinken, werden viele aussteigen.“

Im Nordwesten wird vermutlich ein Großteil der Ferkelerzeuger vorerst nur die Umbauvorgaben für das Deckzentrum umsetzen. „Wer in 2036 dann noch in den Abferkelstall investiert und die Ferkelerzeugung fortsetzt, lässt sich nicht vorhersagen. Die Zeitspanne mit all ihren möglichen Eventualitäten ist dafür zu lang“, so Annika Frank von der Landwirtschaftskammer NRW.

Viele Betriebsleiter sind bereits älter und haben keine Hofnachfolger, sodass diese nur die Vorgaben für das Deckzentrum einhalten und voraussichtlich bis 2036 die Sauenhaltung aufgeben. „Ein ganz geringer Teil, besonders motivierte und noch junge Betriebsleiter, planen Neubauten für Sauenställe“, so Frank. Mäster warten die weiteren Entwicklungen in der Nachfrage nach Tierwohlfleisch ab. Betriebsentwicklung findet dabei im Wesentlichen über Pacht von Ställen oder in der Verbesserung der Produktionstechnik statt.

2. Vertragliche Bindungen

Die meisten Schweinehalter vermarkten ihre Mastschweine über Viehhändler, Erzeugergemeinschaften oder Vieh-handelsgenossenschaften. Zunehmend gewinnen aber Liefer- bzw. Abnahmeverträge an Bedeutung: „Vertragliche Bindungen, in verschiedenen Intensitätsstufen und Konstellationen, nehmen im Nordwesten auf jeden Fall stark zu“, so Dr. Albert Hortmann-Scholten, von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Die Schlachtunternehmen bestätigen das. So will Westfleisch seine „seit Jahren aktiv gelebten Partnerschaften“ weiter intensivieren. Laut Vion spielen feste Verträge für konkrete Programme des LEH eine wichtige Rolle. Vertragsmast sei für den internationalen Markt bzw. Spotmarkt hingegen keine Option.

Müller Fleisch bietet Liefer- und Abnahmeverträge für Schweinemäster über Erzeugergemeinschaften und den Viehhandel mit Zuschlägen für Regionalität und Tierwohl an. Grundlage hierfür ist unter anderem ein digitales Einstall- und Anlieferungsmanagement über die Qualifood-Datenbank.

3. Höhere Haltungsform

Eine weitere Option für Betriebe ist, in eine höhere Haltungsform Stufe zu wechseln oder in Tierwohlprogramme zu investieren. Landwirte sollten aber die Kosten dafür nicht unterschätzen. Zunächst sind da die Umbaukosten für einen neuen Stall oder Anbau. Des Weiteren zählen dazu der entgangene Gewinn bei geringerer Belegung der Ställe wegen des höheren Platzbedarfs der Tiere sowie der zusätzliche Aufwand für Arbeit und Stroh.

Die Mehrkosten für die Produktion in einer höheren Haltungsform werden derzeit in den meisten Fällen allerdings nur unzureichend abgedeckt. Langfristige Verträge von fünf oder zehn Jahren, die bei den Landwirten für mehr Planungssicherheit sorgen würden, sind zwischen Mästern und Schlachthöfen zudem die Ausnahme. Denn die Nachfrage nach höherpreisigem Tierwohlfleisch beim Verbraucher ist geringer als erwartet. Dass hier vor allem der Lebensmitteleinzelhandel nachlegen muss, liegt auf der Hand (siehe Beitrag top agrar „Zukunft der Tierhaltung: Warum der LEH die entscheidende Rolle spielt!“). Eine Ausnahme ist z. B. die Edeka Südwest, die für Lieferanten ihres Hofglück-Programms zehnjährige Abnahmeverträge mit Preisgarantien anbietet (lesen Sie dazu "Warum ein junger Landwirt 1,6 Mio. € in die Sauenhaltung investiert"). Die Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen und die Rewe Südbayern bieten mehrjährige Kostpreis-Modelle für ihre Strohschwein-Programme an.

4. Weiteres Standbein

Eine weitere Option ist es, den Status quo in der Schweinehaltung beizubehalten, aber den Betrieb mit alternativen Betriebszweigen breiter aufzustellen und Einkommensalternativen zu ­suchen. Diese können die Schweinehaltung dann in schlechten Zeiten quersubventionieren. Je mehr Standbeine ein Betrieb hat, desto eher kann er Schwankungen in einzelnen Betriebszweigen abfedern. Wichtig dabei ist, dass sich diese Betriebszweige mit der Schweinehaltung kombinieren lassen. Daher sollten Betriebsleiter zuerst ermitteln, was zum Betrieb und Betriebsleiter passt und ob überhaupt eine Nachfrage vorhanden ist. Die Möglichkeiten sind vielfältig, ob alte Gebäude auf dem Hof umzubauen und gewerblich zu vermieten oder in die Direktvermarktung oder Nischenproduktion einzusteigen. In NRW und Niedersachsen haben in den letzten Jahren einige Betriebsleiter in weitere Betriebszweige investiert, diese waren dann zum Teil auch außerhalb der Landwirtschaft.

Ähnlich sieht es im Süden aus: „Es gibt praktisch keine Betriebe mehr, die nur noch von der Urproduktion leben. Entweder arbeitet die Frau außerlandwirtschaftlich oder man hat andere landwirtschaftliche Standbeine aufgebaut“, so Friedrich Steinacker vom Landwirtschaftsamt Ansbach. In Oberbayern z. B. sind etliche Betriebe in die Direktvermarktung eingestiegen. Einige Schweinehalter haben auch in den Kartoffelanbau investiert. Lesen Sie dazu in top agrar 3-2024 auf Seite 42, wie Simon Obermeier in seinem Betrieb vorgegangen ist.

5. Sich neu orientieren

Es ist zwar ein schwerer Schritt, aber es kann für einzelne Betriebe auch eine Option sein, die Schweinehaltung aufzugeben und die Ställe umzunutzen. Hier kommen andere landwirtschaftliche Nutzungen (z. B. Geflügelhaltung) oder auch die Umnutzung z. B. zu Wohnraum oder für Gewerbe infrage – je nach Lage ist die Nachfrage groß. Dr. Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen weist darauf hin, dass Landwirte die bau­lichen Auflagen nicht unterschätzen sollten. Umbaukonzepte müssten gut durchgerechnet werden. Umnutzungen sind völlig individuell zu betrachten. Es kommt dabei auch stark auf die Lage des Betriebes an. Dr. Claus-Ulrich ­Honold vom Landratsamt Alb-Donau-Kreis erklärt, dass Umnutzungsanträge im Außenbereich nicht immer einfach sind, weil die Zuwege meist nur landwirtschaftlich gewidmet sind. So müssten z. B. Ausweichstellen geschaffen werden. Die Kunst bestehe zudem darin, das Gebäude möglichst so umzunutzen, dass dessen Hülle nicht verändert wird und der landwirtschaftliche Charakter erhalten bleibt.

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