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topplus Nachteile von Erdkabeln

Stromnetzausbau: Die Herausforderungen für die Landwirtschaft

Warum gerade Erdkabel eine besondere Belastung darstellen und wie sich Flächeneigentümer und Bewirtschafter verhalten sollten, erklärt Rechtsanwalt Rüdiger Heuer.

Lesezeit: 6 Minuten

Niedersachsen gehört deutschlandweit zu den vom Netzausbau am stärksten betroffenen Bundesländern. Warum gerade Erdkabel eine besondere Belastung darstellen und wie sich Flächeneigentümer und Bewirtschafter verhalten sollten, erklärt Rechtsanwalt Rüdiger Heuer, der beim Landvolk Niedersachsen u.a. für das Thema Leitungsrecht zuständig ist.

Wo liegen die Herausforderungen beim Netzausbau in Niedersachsen aus Sicht der Landwirtschaft?

Heuer: Der Höchstspannungsausbau ist Thema in allen Bundesländern. Niedersachsen ist als Küstenland besonders betroffen, weil der Ausbau der Offshore-Windenergie in der Nordsee stark forciert wird. Rund 70 GW installierter Leistung sind hier in Planung. Hierfür muss der grüne Strom durch Niedersachsen in die Verbrauchszentren im Süden unserer Republik weitergeleitet werden. Daher gibt es viele Bauvorhaben – allein derzeit 99 Vorhaben aus dem Bundesbedarfsplangesetz. Neun weitere Vorhaben sollen dazukommen. Davon liegt ein Drittel aller Vorhaben in Niedersachsen mit mehreren Tausend Kilometern Leitungstrassenlänge.

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Deutschlandweit sind darüber hinaus fünf weitere große Erdkabeltrassen zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) geplant, davon vier in Niedersachsen. Eine besondere Betroffenheit für die Landwirtschaft entsteht dadurch, dass der Großteil aller Vorhaben als Höchstspannungserdkabelleitung errichtet werden soll – zusätzlich zu den ebenfalls geplanten unterirdischen Leitungen für LNG und Wasserstoff.

Erdkabel sind politisch gefordert, weil sie bei der Bevölkerung für mehr Akzeptanz sorgen sollen. Was spricht aus Sicht der Landwirtschaft dagegen?

Heuer: Das Verlegen der Erdkabel ist ein erheblicher Eingriff in die landwirtschaftlichen Flächen für Eigentümer und Bewirtschafter. Denn das Kabel wird in der Regel offen verlegt.  Das bedeutet am Beispiel der Trasse „Südlink“, dass der Boden im Schutzstreifenbereich auf einer Länge von ca. 700 km mit einer Verlegetiefe von ca. 1,60 m längs durch Deutschland aufgegraben wird. Das Doppelvorhaben hat eine Schutzstreifenbreite von 20 bis 24 Metern. Dabei werden oftmals mehrere Bodenschichten bewegt. Dazu kommt ein Arbeitsstreifen mit mindestens 20 m Breite.

Wie lange wird die Fläche bei Erdkabelvorhaben aus der Bewirtschaftung genommen?

Heuer: Wir als Landvolk setzen uns sehr stark für den Bodenschutz und die Rekultivierung ein. Bei einem Erdkabelvorhaben ist vor dem Bau – abhängig von den Bodengegebenheiten –oftmals ein Vorbegrünungsjahr zu empfehlen. Nach dem eigentlichen Baujahr sollte sich ein Zwischenbewirtschaftungszeitraum anschließen, welcher nach einschlägiger DIN in der Regel mit drei Jahren veranschlagt ist. In Summe kann die betroffene Fläche schnell fünf Jahre aus der Produktion herausfallen. Jedoch werden in diesem Zeitraum Schadensersatzzahlungen vom Vorhabenträger an den Bewirtschafter geleistet.

Mit dem Ausbau des Stromnetzes mittels Freileitungen können wir die Masse der Schwierigkeiten und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Erdkabelbau für landwirtschaftliche Flächen umgehen. Daher fordern wir als Landvolk den gesetzlich festgelegten Erdkabelvorrang zu streichen und im Schwerpunkt Freileitungen zu bauen.

Aber auch da gibt es Beeinträchtigungen, oder?

Heuer: Ja, aber wir sprechen hier in erster Linie über den Maststandort. Zwischen den Masten im Höchstspannungsbereich liegen durchschnittlich zwischen 300 und 450 Meter.

Die Maststandorte sollten nach dem einschlägigen Gutachten von Jennissen/Schukat/Wolbring „Hochspannungsmast-Entschädigung" in der jeweils aktuellen Fassung entschädigt werden. Es gibt zwar auch Bauzeiten zum Spannen der Leiterseile. Aber wir haben dabei keine Bodenbewegung. Interessant ist auch, dass ein Großteil der Übertragungsnetzbetreiber aus Kostengründen für neue HGÜ-Vorhaben ebenfalls Freileitungen fordert: Die Bauzeit ist kürzer, die Kosten geringer und die Wartung- und Instandhaltung einfacher.

Mit dem Übertragungsnetzbetreiber Tennet, der für einen großen Teil des Netzausbaus in Niedersachsen zuständig ist, hat das Landvolk die „Zukunftsvereinbarung Netzausbau Niedersachsen“ vereinbart. Was regelt sie?

Heuer: Dabei handelt es sich um eine Musterrahmenvereinbarung, die wir mit Tennet verhandelt haben. Sie unterschiedet Freileitungen und Erdkabel und umfasst viele Bereiche wie Entschädigung, Schadensersatz, Bodenschutz oder steuerliche Aspekte. Insgesamt ist die Vereinbarung ein sehr umfangreiches Vertragswerk, das möglichst alle erforderlichen Regelungsbereiche abbilden soll. 

Warum haben Sie die Zukunftsvereinbarung Netzausbau Niedersachsen abgeschlossen? Was ist das Besondere daran?

Heuer: Aufgrund der Dimensionen des Netzausbaus wollen wir unsere Mitglieder bestmöglich bei dieser Materie unterstützen. Daher haben wir uns als Verband entschieden, umfangreich mit dem Netzbetreiber Tennet die notwendigen Regelungsbereiche in Form einer Musterrahmenvereinbarung zu verhandeln. Hierzu sei aber gesagt, dass kein Grundeigentümer und Bewirtschafter auf die Inhalte der Rahmenvereinbarung verpflichtet wird. Es handelt sich vielmehr um eine Empfehlung gegenüber unseren Mitgliedern.

Mithilfe einer in Gründung befindlichen sogenannten Zukunftskommission wollen wir fortlaufend weiter am Inhalt der Vereinbarung arbeiten. Derzeit sind viele Regelungsbereiche des Netzausbau auf Seiten des Gesetzgebers und der Politik im Fluss und wir müssen auf sich veränderte Bedingungen schnell reagieren können. Auch sind vereinbarte Pauschalbeträge der Höhe nach regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Insgesamt ist uns wichtig, unsere Themen aus Sicht der Landwirtschaft fortlaufend einzubringen und im dauerhaften Austausch mit dem Übertragungsnetzbetreiber Tennet zu bleiben.

Einzelne vorhabenbetroffene Landwirte haben leider kaum die Zeit, eigenständig in der gebotenen Tiefe und Umfang mit einem Vorhabenträger auf Augenhöhe zu verhandeln und daher unterstützen wir hierbei unsere Mitglieder.

In welcher Höhe wird jetzt entschädigt?

Heuer: Bei Erdkabeln wird der m² Schutzstreifenfläche mit 35 % des Verkehrswerts der Fläche entschädigt, bei Freileitungen mit 25 % des Verkehrswerts. Dazu gibt es einen Beschleunigungszuschlag, wenn der Grundeigentümer den Gestattungsvertrag innerhalb von 8 Wochen unterschreibt. Seine Höhe beträgt 75 % der Entschädigungssumme für den Schutzstreifen, mindestens 50 ct bis 2 €/m2. Zudem wird eine Aufwandsentschädigung gezahlt.

Bei Schadensersatzpositionen haben wir beispielsweise für Flur- und Aufwuchsschäden, aber auch für Wirtschaftserschwernisse Pauschalen vereinbart.

Der Flächenbewirtschafter kann aber auch die Schäden individuell ermitteln lassen. Gerade bei Sonderkulturen wie Spargel oder Erdbeeren ist das empfehlenswert.  Das gesamte Konstrukt der Entschädigungs- und Schadensersatzzahlungen ist allerdings noch viel umfangreicher und kann daher hier nicht in wenigen Worten dargestellt werden.

Sie raten dazu, dass sich Landwirte möglichst früh in die Planungsverfahren einbringen sollen. Aber wie erfährt der Landwirt, dass seine Flächen betroffen sind?

Heuer: In der Regel geht der Vorhabenträger, also der Netzbetreiber, auf den Flächeneigentümer zu oder es gibt Bekanntmachungen in der Tageszeitung. Nachdem Höchstspannungsleitungsvorhaben im Bundesbedarfsplan aufgenommen sind, folgt im nächsten Schritt die Bundesfachplanung, wenn mehrerer Bundesländer betroffen sind. Oder ein Raumordnungsverfahren, wenn es sich nur um Vorhaben in einem Bundesland handelt. Im Verfahren werden Trassenkorridore von bis zu 1.000 Meter breiten Gebietsstreifen, in denen die Leitungen verlaufen sollen, vom Netzbetreiber mit Alternativen vorgeschlagen.

Im folgenden Schritt schließt sich das Planfeststellungsverfahren an. Eingeleitet wird es durch einen Antrag des Vorhabenträgers. Der Vorschlag muss sodann den konkreten Verlauf der Trasse samt Alternativmöglichkeiten etc. umfassen. Landwirte, die von dem Vorhaben betroffen sind, sollten ihre Beteiligungsmöglichkeiten in jedem Verfahrensschritt nutzen und sich sofern Belastungen zu warten sind, einbringen.

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