Die abgeregelte und entschädigungspflichtige Strommenge von Erneuerbaren-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) an Land ging im Gesamtjahr 2021 in Schleswig-Holstein weiter stark zurück – auf nunmehr 1.356 GWh. Zusätzlich wurden im selben Jahr 500 GWh Wind Offshore mit Netzanbindung in Schleswig-Holstein abgeregelt. Damit ist die abgeregelte STrommenge im dritten Jahr nacheinander gesunken, das Abregelungsvolumen hat innerhalb von zwei Jahren mehr als halbiert „Jeder Meter gebaute Stromleitung beseitigt Netzengpässe und bringt unsere Energiewende weiter voran. Jede zusätzlich ins System gebrachte Kilowattstunde erneuerbarer Strom verringert unsere Abhängigkeit von fossilen Energieimporten“, freute sich Energiewende- und Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt. Die Erfolge beim Netzausbau seien auch durch den konstruktiven Austausch im Rahmen des Dialogs Stromnetz zwischen den Netzbetreibern, den Genehmigungsbehörden und den betroffenen Akteuren vor Ort erreicht worden.
Fortschritte bei Netzausbau
Die im Trend deutlich sinkenden Abregelungen in Schleswig-Holstein sind laut Energiewendeministerium vor allem auf Fortschritte beim Netzausbau zurückzuführen – insbesondere im südlichen Dithmarschen durch den Ersatzneubau der 110-kV-Leitung, die Inbetriebnahme der Mittelachse und den Baufortschritt der Westküstenleitung. Der Trend sei umso bemerkenswerter, da in den vergangen zwölf Monaten weiterer Zubau von Erneuerbaren Energien-Anlagen stattgefunden habe. Auch das vergleichsweise schwache Windjahr habe Einfluss auf die Zahlen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes, welches eine Entschädigung von Abregelungen infolge der Durchführung von Reparatur-, Instandhaltungs- oder Netzausbaumaßnahmen vorsieht, habe nicht zu einem Anstieg der Maßnahmen im Engpassmanagement geführt.
Anteil des Landes im Bundesschnitt sinkt weiter
Der Anteil von Schleswig-Holstein an den bundesweiten Abregelungen sinkt im Trend. Lag er 2020 erstmals unter 50%, waren es 2021 nur noch knapp 32%. Seit November 2020 sind die Abregelungen in Niedersachsen erstmals höher als in Schleswig-Holstein. Dies verdeutlicht laut Energieministerium den Handlungsdruck, dass der Netzausbau nun auch südlich der Elbe weiter vorangehen müsse. Gemeinsam mit Niedersachsen und den Netzbetreibern setzt sich die Landesregierung für eine zügige Umsetzung der geplanten Gleichstrom-Erdkabel ein. Diese werden wesentlich zur Entlastung der bestehenden Freileitungstrassen insbesondere auch in Niedersachsen beitragen.
Wieder mehr Abregelungen möglich
Für die kommenden Jahre ist laut Goldschmidt ein erneuter Anstieg der Engpassmaßnahmen nicht auszuschließen. Das liegt in erster Linie am wieder ansteigenden Zubau erneuerbarer Erzeugungskapazitäten in Schleswig-Holstein: „Der Fokus muss nun vor allem auch auf den großen Stromautobahnen liegen. Allein SuedLink kann wie das berühmte Ziehen des Stöpsels in der Badewanne wirken. Durch dessen Inbetriebnahme werden auf einen Schlag erhebliche Mengen an Ökostrom aus unserem Netz ausgespeist. Wir unterstützen den Bund deshalb wo wir können, erwarten aber auch, dass alle Beteiligen in die Hände spucken und das Projekt prioritär umsetzen“, mahnte Goldschmidt weitere Bemühungen an.
Außerdem erwartet er von der Bundesregierung, dass zeitnah Möglichkeiten zur Nutzung von Ökostrom vor dem Netzengpass geschaffen werden: „Als Gunststandort für die Erzeugung erneuerbarer Energien sind wir bereit, unseren Beitrag zur Energieversorgung der Bundesrepublik zu leisten. Wir erwarten dafür vom Bund aber einen Marktrahmen, der die Ansiedlung energieintensiver Betriebe beispielsweise zur Erzeugung und Verarbeitung von grünem Wasserstoff bei uns im Norden unterstützt. Die Unternehmen wissen längst, dass wir im Norden Energiewende können, nun muss der Bund dafür sorgen, dass hier auch die energierechtlichen Rahmenbedingungen vorteilhafter werden.“
Weniger Entschädigungen
Mit den zurückgehenden Abregelungen gehen auch die Entschädigungssummen zurück: Für das Jahr 2021 erwartet die Bundesnetzagentur Entschädigungsansprüche für Abregelungen in Schleswig-Holstein in Höhe von 238 Mio. €. Davon entfallen 138 Mio. € auf die Abregelung von Stromerzeugungsanlagen an Land und 100 Mio. € auf die Abregelung von Windenergie auf See. Die Entschädigungsansprüche an die Betreiber Erneuerbarer Energien-Anlagen sind damit trotz gestiegener Strompreise gegenüber dem Vorjahr erheblich gesunken; im Jahr 2020 betrugen sie noch 332 Mio. €.
Noch keine Auswirkungen von Redispatch 2.0
Das gesamte Maßnahmenvolumen für Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen ist laut Bundesnetzagentur im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 19% gestiegen. Die vorläufigen Gesamtkosten für Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen (EinsMan, Redispatch inkl. Countertrading und Einsatz Netzreserve) liegen bei rund 2,3 Mrd. € und sind damit ebenfalls gestiegen (2020: 1,4 Mrd. €). Hauptgründe für den Anstieg der Mengen und Kosten sind hauptsächlich Nichtverfügbarkeiten von Kraftwerken, Reparaturarbeiten an einem Umspannwerk im vierten Quartal 2021 sowie die stark gestiegenen Großhandelspreise im zweiten Halbjahr 2021. Aufgrund der Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG 2.0) wurden die Regeln für Redispatch und Einspeisemanagement zum 1. Oktober 2021 geändert.
Die Umstellung auf das Redispatch-2.0-Verfahren hat sich jedoch aufgrund von operationellen Schwierigkeiten verzögert, sodass der bilanzielle Ausgleich für Redispatch mit EE (Einspeisemanagement) zunächst nur in Ausnahmefällen umgesetzt worden ist. Der Bericht basiert deshalb auf der bisherigen Abfragesystematik. Soweit der bilanzielle Ausgleich im vierten Quartal 2021 von einzelnen Netzbetreibern bereits umgesetzt wurde, sind diese Kosten in den Kosten des positiven Redispatches enthalten.
Den aktuellen Bericht der Bundesnetzagentur zum Netzengpassmanagement finden Sie hier.