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topplus Neue Landesregierung

Nach Wahl: Was plant das grüne Agrarministerium für die Zukunft der Landwirtschaft?

In der neuen niedersächsischen Landesregierung sind Umwelt- und Landwirtschaftsministerium in grüner Hand. Der Koalitionsvertrag betont die Reduktion des Tierbestandes, den Moorschutz und Ökolandbau.

Lesezeit: 8 Minuten

Die niedersächsische Agrarpolitik geht auf eine neue grüne Ära zu. Am Dienstag präsentierten SPD und Grüne ihren Koalitionsvertrag und stellten die Personalien dazu vor. Danach bleibt es in Niedersachsen bei der Trennung von Landwirtschafts- und Umweltministerium. Neue Landwirtschaftsministerin wird wie erwartet Miriam Staudte von Bündnis‘90/Die Grünen, die bisher Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung ihrer Fraktion war. Das Umweltministerium übernimmt der frühere grüne Agrarminister Christian Meyer, der im Wahlkampf auch als Spitzenkandidat seiner Partei auftrat.

Der neue und alte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ging bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages explizit auf die Landwirtschaft ein. Man wisse um die schwierige Situation der niedersächsischen Landwirtschaft und wolle daher gemeinsam mit den Beteiligten Lösungen entwickeln, sagte er. Seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen) kündigte in der gemeinsamen Pressekonferenz einen intensiven Dialog mit der Landwirtschaft an.

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Auffällige Betonung zum Dialog

Inhaltlich rammt der Koalitionsvertrag viele grüne Pflöcke in den Boden und umschreibt die Vorhaben mit auffälliger Betonung der Bereitschaft zum Dialog. Sogar das von der ehemaligen CDU-Bundesagrarministerin Julia Klöckner gern genutzte Wort „systemrelevant“ schafft es in die Präambel zur Agrarpolitik. Dort heißt es: „Veränderungsprozesse wie bei dem Umbau der Tierhaltung aber auch die Antworten auf die Klimakrise können daher nicht allein von der Landwirtschaft finanziert werden, sondern müssen gesellschaftlich getragen werden. Die aktuellen Krisen haben gezeigt, dass Landwirtschaft systemrelevant ist. Wir werden Landwirtschaftspolitik gemeinsam mit den Landwirtinnen und Landwirten gestalten und dabei für faire Handelsbeziehungen mit dem vor- und nachgelagerten Bereich eintreten.“

Leitbild flächengebundene Tierhaltung

Zur Tierhaltung gibt die neue Landesregierung als Leitbild die flächengebundene Tierhaltung aus. In den Verhandlungen um den Umbau der Tierhaltung auf Bundesebene will sie planungs- und genehmigungsrechtliche Voraussetzungen für den Umbau der Tierhaltung zu tiergerechteren Haltungsformen vorantreiben und sich für „wirksame, gut ausgestattete Finanzierungsinstrumente zum tiergerechten sowie umwelt- und klimaschonenden Umbau der Tierhaltung einsetzen“. Diese Mittel sollen dann durch Landesmittel ergänzt werden, verspricht die neue Regierung ohne eine konkrete Form der Finanzierung zu priorisieren.

Schweinebetriebe: Umstieg in andere Betriebsteile fördern

Schweinehaltenden Betrieben will die neue Landesregierung ein Ausstiegsszenario anbieten. „Um veränderungsbereiten Betrieben eine Möglichkeit zum Einstieg in andere landwirtschaftliche Bereiche zu ermöglichen, werden wir ein “Zukunftsprogramm Diversifizierung“ zur Förderung der Reduzierung der Tierbestände und des tiergerechten Stallumbaus finanzieren“, heißt es im Koalitionsvertrag wörtlich.

Den Ausstieg aus dem betäubungslosen Schnabelkürzen, Qualzucht, Anbindehaltung und dem Kupieren der Ringelschwänze will rot-grün von Hannover aus vorantreiben. Die Haltung mit Stroheinstreu und Zugang zu Außenbereichen soll unterstützt werden.

Tiertransporte auf 4 Stunden reduzieren

Die Vorgaben für Tiertransporte will die neue Landesregierung strenger fassen und stärker kontrollieren. So sollen nach ihrem Willen in Nicht-EU-Staaten grundsätzlich keine Tierexporte mehr möglich sein. Zudem will die Regierung erreichen, dass alle Tiere aus Niedersachsen innerhalb einer maximalen Transportdauer von vier Stunden eine Schlachtstätte erreichen. Dafür sollen regionale, dezentrale Schlachthöfe sowie mobiler Schlachteinrichtungen besser gefördert werden.

Mindestpreise für Milch

Zur Milchviehhaltung schafft es eine Mengensteuerung in den Koalitionsvertrag. „Wir wollen uns auf Bundes- und EU-Ebene für eine flexible Milchmengenregulierung einsetzen“, steht im Koalitionsvertrag. „Dazu fordern wir kosten- und existenzsichernde Mindestpreise, die von Bundesprüfstellen festgelegt und kontrolliert werden“, heißt es weiter. Das Grünlandzentrums Niedersachsen/Bremen soll gefördert und das Weidelabel für Milch und Fleisch weiterentwickelt werden.

Dichteres Nitrat-Messnetz

Sparsam äußert sich die neue Koalition zur Düngung und zur Nitratkulisse, die die bisherige Regierung soeben neu ausgewiesen hat. „Um die Grenzwerte für die Nitrat- und Phosphatbelastung flächendeckend einzuhalten, werden wir das Messnetz verdichten, das Düngerecht wirksam kontrollieren und Trinkwasserkooperationen stärken“, schreiben die rot-grünen Koalitionäre. Zudem soll in Trinkwasserschutzgebieten die Umstellung auf eine ökologische Bewirtschaftung besser unterstützt werden. Außerdem soll es eine „effektive und verursacherbezogene Bewertung und Kontrolle der ordnungsgemäßen Düngung“ geben und der Düngemittelabsatz erhoben werden.

Reduktion von Pflanzenschutz über den Niedersächsischen Weg

Am Niedersächsischen Weg für mehr Artenschutz der Vorgängerregierung will rot-grün festhalten und nennet ihn „eine echte Errungenschaft“. Dabei zielt rot-grün auf die Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ab, wofür es auch eine niedersächsische Strategie geben soll. „Auch auf Bundesebene werden wir uns dafür einsetzen, durch entsprechende Anreizinstrumente den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren“, heißt es im Koalitionsvertrag. Auf Notfallzulassungen werden Niedersachsens Landwirte wohl künftig verzichten müssen. „Notfallzulassungen für bienengefährliche Neonicotinoide, auch im Zuckerrübenanbau, werden seitens des Landes nicht beantragt“, legt sich die neue Regierung fest.

Bei den Verhandlungen mit der EU um Pflanzenschutzeinsatz in Schutzgebieten gibt sich rot-grün im Koalitionsvertrag weniger konkret. „Bereits jetzt ist innerhalb von Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten der Einsatz chemisch synthetischer Pestizide auf Grünland grundsätzlich ausgeschlossen. Eine mögliche Ausweitung auf andere Schutzgebietstypen werden wir kritisch begleiten und dabei die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe im Blick behalten“, heißt es dort.

Niedersachsen soll „gentechnikfrei“ bleiben

Eine Vorfestlegung gibt es allerdings mit Blick auf die Verhandlungen für eine neue EU-Gentechnikregulierung. „Wir wollen Niedersachsen gentechnikfrei halten“, heißt es im Koalitionsvertrag. Eine Förderung des Anbaus oder der Forschung an grüner Gentechnik mit Landesmitteln lehnt die neue Landesregierung explizit ab. „Wir werden uns in diesem Zusammenhang auf Bundesebene für eine nationale Umsetzung der Opt-Out-Richtlinie, die EU-Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einräumt, auf ihren Territorien das Freisetzen von gentechnisch veränderten Organismen zu untersagen, einsetzen.“

Moorschutz ohne konkretes Flächenziel

Ausführlich beschäftigt sich der rot-grüne Koalitionsvertrag mit dem Moorschutz. Dabei macht die Koalition deutlich, dass sie die Wiedervernässung voran treiben und dafür Konzepte und Unterstützungsmaßnahmen organisieren will. Sie nennt allerdings kein konkretes Flächenziel. Rund 70 % der bundesweiten Hochmoore liegen in Niedersachsen, entwässerte Moore verursachen aktuell rund 20 % der Klimaemissionen des Landes. Den Moorschutz will rot-grün im Dialog nach dem Vorbild des Niedersächsischen Weges mit Kommunen, Landwirtschaft, Natur-schutz und Wasserwirtschaft angehen. Für die mögliche Nutzung von Moorstandorten nennt der Koalitionsvertrag Photovoltaik sowie Nasskulturen. Die Wertschöpfung durch Produkte aus dem Aufwuchs von vernässten Moorstandorten für Verpackungs-, Bau- und Dämmstoffen will die neue Landesregierung unterstützen. Abgesehen von Erlenbrüchen in Niedermooren, soll allerdings die Wiederaufforstung auf Moorböden nicht gefördert werden.

15 % Ökolandbau bis 2030

Bei Ökolandbau bleibt Niedersachsen hinter den Bundeszielen von 30 % bis 2030 zurück. Aktuell werden allerdings nur 5,6 % der landwirtschaftlichen Fläche in Niedersachsen ökologisch bewirtschaftet. Bis 2025 sollen es 10 % und bis 2030 und mindestens 15 % werden. Um das zu erreichen will die neue Landesregierung unter anderem die Kantinen und Gemeinschaftsverpflegungen in landeseigenen Einrichtungen schrittweise bis 2030 auf Bio umstellen. Die Umstellungs- und Beibehaltungsprämie für Ökobetriebe in Niedersachsen will sie erhöhen und die betriebliche Umstellungsberatung ausbauen. Zudem soll ein Niedersächsisches Biosiegel eingeführt werden. Als Ziel gibt rot-grün zudem aus, Pachtflächen im öffentlichen Eigentum künftig vorrangig ökologisch zu bewirtschaften.

In die Ausbildung für den Ökolandbau will die neue Regierung investieren und die Lehrstühle für Ökolandbau und Agrarökologie im Hochschulbereich neu aufstellen. Zudem will sie mehr Fachwissen zum Ökolandbau in den Ausbildungsplänen für den Beruf Landwirt verankern.

GAP: Anpassungen für Ökoregelungen und Agrarumweltmaßnahmen

Keinen Zweifel lässt die rot-grüne Regierung an den Zielen des europäischen Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie. Allerdings will sie sich für eine laufende Anpassung Agrarförderbedingungen, die ab 2023 beginnen einsetzen. „Auf Bundesebene werden wir uns für erforderliche Anpassungen in der Ausgestaltung der Erste-Säule-Maßnahmen einsetzen, um das Zusammenspiel u.a. von Ökoregelungen (Eco-Schemes) und Agrarumweltmaßnahmen innerhalb der sogenannten Grünen Architektur für einen wirksamen Klima-, Natur- und Ressourcenschutz zu optimieren“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Flächenversiegelung soll unter 3 ha fallen

Beim Flächenverbrauch legt sich rot-grün indes fest. Laut dem Koalitionsvertrag soll schon in dieser Wahlperiode eine Reduzierung der Neuversiegelung auf unter drei Hektar pro Tag gelingen.

Bodenmarkt: Neuer Anlauf für ein Agrarstrukturgesetz

Auch die Regulierung des Bodenmarktes hat sich rot-grün wieder vorgenommen. „Um den massiven Aufkauf von ländlichem Grund durch Investorinnen und Investoren einzudämmen, werden wir zur Dämpfung steigender Kauf- und Pachtpreise im ersten Halbjahr 2023 ein Gesetz zur Sicherung und Verbesserung der bäuerlichen Agrarstruktur einbringen“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Zudem soll es ein Existenzgründungsprogramm für die Landwirtschaft geben, um Neueinsteiger in die Landwirtschaft zu unterstützen.

Vorbereitung auf steigende Wolfszahlen

Zum strittigen Thema Umgang mit dem Wolf versucht es die neue Landesregierung mit Dialog. Mit allen befassten Organisationen und Verbänden will sie bei Wolfsmanagement, Herdenschutz und Weidetierhaltung weiter kommen. Es soll mehr Geld für das Wolfsmanagement geben, „um auch bei weiter steigendem Wolfsbestand handlungsfähig zu bleiben und Konflikte zu minimieren“, heißt es im Koalitionsvertrag. Beim Bestandsmanagement will Niedersachsen mit der Bundesregierung für ein europarechtskonformes, regional differenziertes Bestandsmanagement zusammenarbeiten.

Eine Übersicht über die Vorhaben der neuen Landesregierung zum Thema Energie gibt es hier:

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