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Deutscher Bauerntag 2022

Rukwied selbstbewusst bei Ernährung, Gentechnik und Tierwohl

Der Ukrainekrieg hat den Fokus auf die Landwirtschaft gelegt. So fällt es DBV-Präsident Rukwied leicht, selbstbewusst die Forderungen seiner Mitglieder an die Politik zu tragen.

Lesezeit: 6 Minuten

Brauchen wir angesichts des Ukrainekries eine Kehrtwende in der Agrarpolitik? Diese Frage stellte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, am Dienstag den Delegierten auf der Mitgliederversammlung in Lübeck. Und er gab gleich eine klare Antwort: Nein.

Es gelte, den Transformationsprozess, den Klimaschutz sowie die Tierhaltung weiterzuentwickeln. Deutschlands Bauern seien zwar bereits die, die am nachhaltigsten arbeiten, aber Rukwied will mehr.

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Es gebe jedoch eine Sache, die dringend notwendig sei: „Wir müssen nachjustieren und das ein oder andere besser, praxisgerechter aufsetzen“, so der Landwirt in seiner Rede. Die Politik forderte er auf, dass manche über die Hindernisse springen müssten.

In diesem Zusammenhang zitierte er Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit den Worten, dass sich die Politik ändern müsse, wenn sich die Lage ändert. Genau das sei jetzt gefordert: Während sich die Politik in Berlin und die Handelspolitik etwa schon der neuen Lage angepasst hätten, halte man bei der Agrarpolitik an den GAP-Beschlüssen aus der Zeit vor dem Krieg fest. Rukwied appelliert daher, diese dringend anzupassen und die Ernährungssicherung viel stärker in den Blick zu nehmen.

Streitpunkt Flächenstilllegung

Der DBV habe bis dato Angebote gemacht, z.B. bei nichtproduktiven Flächen. Bekanntlich fordert die EU 2023 die Stilllegung von 4 % der Flächen, wobei maximal 2 % in der Realität dazukommen wegen vorhandener Uferrandstreifen und Programme. Frankreich habe dagegen über 1.000 ha per Dekret zur Bewirtschaftung freigegeben.

„Russland setzt Lebensmittel als Waffe, als Schwert ein und wir können es stumpf machen. Wenn wir nur 2 % freigeben und das in der gesamten EU, dann bedeutet dies, dass jede Tonne Weizen den Aggressor schwächer macht. Ich erwarte, dass die Politik dieses Instrument nutzt“, rief Rukwied unter Applaus. Der DBV trage alle Sanktionen gegen Russland mit. Der Ukrainekrieg habe Ernährungssicherung und Landwirtschaft in den Fokus gerückt.

Stehen hinter GAP-Zielen, Umsetzung aber so nicht OK

Ebenso sieht es der Verbandsvertreter bei der Agrarreform: Farm to Fork und GreenDeal seien richtig und der DBV stehe dahinter. Doch auch hier hält Rukwied eine Nachjustierung für erforderlich.

„Wir wollen mehr Artenschutz und eine Weiterentwicklung der Tierhaltung. Wir wollen aber sinnvolle Maßnahmen, die sich in die Betriebe integrieren lassen. Ein weiteres unproduktives Prozent will ich nicht. Ich bin Landwirt, ich will Lebensmittel erzeugen“, stellte Rukwied klar. Zu den Zielen stehe er, über die Maßnahmen und die Ausgestaltung der Agrarreform müsse man jedoch reden.

Der Bauernvertreter erinnerte an eine Studie, wonach Forscher eine Verringerung der Erzeugerleistung in der EU-Landwirtschaft von 10 bis 15 % errechnet hatten. Dies sei nicht akzeptabel.

Gentechnische Möglichkeiten nutzen

Rukwied wünscht sich mehr wissenschaftsbasierte Entscheidungen und einen intelligenten Einsatz neuer Techniken. Die Bauern wollten ja Pflanzenschutzmittel reduzieren, dafür bräuchten sie aber auch die Möglichkeiten, um mit einem Satz neuer Techniken arbeiten zu dürfen. Als Beispiel nannte er CRISPR/Cas. Hier gelte es die „German Angst“ zu überwinden. „Ohne Pflanzenschutz geht Landwirtschaft nicht – egal ob konventionell oder öko“, so Rukwied. Außerdem müssten Pflanzen per Düngung bedarfsgerecht ernährt werden.

In seiner weiteren Rede hob der Präsident die Gesprächsbereitschaft hervor. So sei man beim Projekt F.R.A.N.Z. und bei der Zukunftskommission Landwirtschaft stets im engen Gespräch mit Naturschützern und Kritikern. Vorbildlich gelöste Politik mit den Bauern würden die Initiativen in Niedersachen und Brandenburg zeigen. „Wir werden Zielkonflikte ausräumen und diesen Weg unbedingt weiter gehen. Das halten wir aus“, sagte der Landwirt.

Finanzierung von mehr Tierwohl weiter unklar

Der Tierhaltung droht das Rückrat zu brechen; insbesondere bei der Schweinehaltung, fuhr Rukwied fort. Nur dank der Bauernverbände seien die Coronahilfen möglich geworden, die manchem Betrieb das Überleben sicherten. Mit Sorge sieht der DBV, dass Spanien seinen Schweinebestand um 3,5 Mio. Tiere aufgestockt hat. Auch die deutschen Halter bräuchten dringend Perspektiven.

Der Bauernvertreter begrüßte in dem Zusammenhang ausdrücklich die von Bundesagrarminister Cem Özdemir verkündeten Haltungsstufen. „Aber das ist viel zu wenig. Die Finanzierung muss auf den Weg gebracht werden, es scheitert aktuell an der FDP.“ Rukwied fordert 4 Mrd. € für die Bauern zum Umbau der Ställe sowie Planungssicherheit für 20 Jahre.

Auch über die Kriterien müsse man sich austauschen, da fehlen ihm „einige Dinge“, insbesondere ein Herkunftskennzeichen. Der DBV gebe der EU noch bis Jahresende Zeit, dieses in Europa einzuführen. Falls nicht, müsse die Bundesregierung ein eigenes schaffen. „Wieso sollen betäubungslos kastrierte Ferkel ein Tierwohllabel bekommen“, fragte er, um auf eine EU-weite Lösung zu pochen.

Mit einbezogen werden müssten aber auf jeden Fall auch der LEH, die Systemgastronomie und verarbeitete Produkte. Außerdem müsste Özdemir zügig Rindfleisch bei der Haltungskennzeichnung nachziehen.

Verbraucher müssen mitziehen

Nicht zuletzt müssten die Verbraucher dann auch das, was sie in Umfragen immer bekunden, beim Einkauf auch umsetzen. „Im Moment bleibt so manches Tierschutzfleisch und heimisches Gemüse im Regal liegen“, bedauert Rukwied, der die Dumpingangebote im LEH scharf verurteilt. „Wenn es der Handel mit Regionalität und Saisonalität ernst meint, dann muss er auch hier einkaufen!“ Die Politik könne da unterstützen und bei den Schulen und öffentlichen Kantinen anfangen.

Für erforderlich hält der DBV einen starker Außenschutz, damit die guten und nachhaltig erzeugten Lebensmittel nicht vom Ausland unterlaufen werden.

Weitere Ärgernisse und Forderungen

  • Düngung: In seiner weiteren Rede ging Rukwied auf die Roten Gebiete ein, die seiner Meinung nach viel zu unpräzise gewählt sind. Hier müsse das Verursacherprinzip gelten. Und wo die Nmin-Werte auf der Fläche passen, müsse auch bedarfsgerecht gedüngt werden dürfen.
  • Mindestlohn: Durch die Anhebung droht eine Abwanderung der Obst- und Gemüseproduktion ins Ausland. Der DBV fordert daher einen EU-weit einheitlichen Mindestlohn, um Wettbewerbsgleichheit zu schaffen.
  • Energie: Bei der Gasversorgung ist eine Priorisierung für die Landwirtschaft und das verarbeitende Gewerbe, wie die Molkereien oder die Zuckerindustrie, aber auch für Düngemittelhersteller dringend erforderlich. Ohne Dünger drohen Ertragseinbußen von 30 % im nächsten Jahr. Dass der Düngerpreis aktuell so hoch sei, kann Rukwied in dem Zuge auch nicht nachvollziehen. Er vermutet, dass sich die Hersteller die Taschen voll machen. Da müsse das Kartellamt mal näher hinschauen.
  • Kommunikation: Rukwied lobte die Erfolge des DBV bei der Kommunikation, sei es intern in diversen WhatsApp-Gruppen, virtuelle Konferenzen etc. oder nach Außen, z.B. durch hohe Präsenz im TV. Dies wolle man weiter ausbauen, weil Kommunikation der Schlüssel für Erfolg sei.
  • Weiblicher: Mit der Schaffung des Fachausschusses Unternehmerinnen hat der DBV einen viel diskutierten Sonderweg beschritten. Mit der Satzungsänderung könnte nun Susanne Schulze Bockeloh auch in der zweiten Jahreshälfte DBV-Vizepräsidentin werden.
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