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Ukraine: Wie geht es nach dem gestoppten Getreideabkommen weiter?

Der UN-Chef fordert die Rückkehr zum Getreideabkommen. Russland führt aber derzeit keine Verhandlungen. Und auch über die Alternativrouten aus der Ukraine gibt es Streit.

Lesezeit: 6 Minuten

Russland hat sich offengehalten, wieder zum aufgekündigten Getreideabkommen zurückzukehren, falls seine Forderungen erfüllt werden, berichten Nachrichtenagenturen am Dienstag. Verhandelt wird darüber aber aktuell offenbar nicht. Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Vershinin sagte der russischen Nachrichtenagentur Ria zufolge, derzeit würden keine Gespräche über die Wiederaufnahme des Getreideabkommens geführt.

UN-Chef drängt Russland zur Wiederbelebung des Getreidedeals

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Der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), Antonio Guterres, hatte Russland am Montag mit Nachdruck aufgefordert, zum Getreideabkommen zurückzukehren. Angesichts des jüngsten Scheiterns "werden die Schwächsten den höchsten Preis zahlen", sagte der UN-Chef bei einer Rede in Rom zur Eröffnung eines Gipfeltreffens der Vereinten Nationen (UN) zu Nahrungsmittelsystemen.

Guterres beklagte, dass es bereits negative Auswirkungen auf die weltweiten Weizen- und Maispreise gebe. Sowohl Russland als auch die Ukraine seien "wesentlich für die globale Ernährungssicherheit". Er stellte fest, dass sie in der Vergangenheit knapp ein Drittel der weltweiten Weizen- und Gerstenexporte, ein Fünftel des gesamten Mais und mehr als die Hälfte des Sonnenblumenöls ausmachten.

In Moskau zeigt man sich am Dienstagmittag jedoch von den Worten des Uno-Chefs unbeeindruckt. Guterres‘ Vorschlag gehe nicht auf die Forderungen Moskaus ein, dass auch der Export russischen Getreides und Düngers erleichtert werden müsse. Kremlsprecher Dmitri Peskow machte die Erfüllung der Forderungen Russland zu einer Bedingung für ein Aufleben des Getreideabkommens. Entsprechende Sanktionen waren gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine verhängt worden.

Deutschland will Abhängigkeiten beseitigen

Deutschland setzt sich auf der UN-Konferenz zur Welternährung für den Abbau von einseitigen Abhängigkeiten auf dem Weizen- und Düngermarkt ein. „Wenn Putin Weizen als Waffe nutzt, muss die Weltgemeinschaft antworten mit einer Politik für Ernährungssicherheit“, sagte Entwicklungs-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Dienstag bei der Konferenz in Rom.

Das bedeute weit mehr als nur Nothilfe. „Denn um dauerhaft weniger erpressbar zu sein, müssen wir aus dem Kreislauf der Krisenhilfe ausbrechen und dauerhafte, strukturelle Veränderungen erreichen“, sagte Flasbarth weiter. Er plädierte für weniger Abhängigkeiten vom schwankenden Weltmarkt für Weizen oder Dünger und mehr lokalen, klimaangepassten Anbau. „Auf diesem Weg unterstützen wir unsere Partner in der Hungerkrise zusammen mit anderen Gebern massiv“, versprach Flasbarth.

Özdemir für bessere Alternativ-Routen aus der Ukraine

Nach dem Aus des Getreideabkommens hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) eine Stärkung alternativer Transportwege gefordert. Die Europäische Union müsse jenseits des Schwarzen Meeres die „alternativen Exportrouten stärken“, sagte Özdemir im ZDF-Morgenmagazin vor einem Treffen der EU-Agrarminister in Brüssel. Es brauche eine klare Festlegung, „welche Alternativroute die beste ist“.

Es sei „nicht akzeptabel“, wenn Nachbarstaaten die Grenzen zur Ukraine schließen würden, sagte Özdemir. Befürchtungen osteuropäischer Länder, dass ihre Landwirte durch ukrainische Einfuhren bedroht werden könnten, bezeichnete Özdemir als „lösbares Problem“: Ukrainische Produkte müssten an europäische Häfen transportiert werden – „und von dort dann weiter verschifft an den globalen Süden“.

Deutliche Kritik am Verhalten Polens

Polnische Importbeschränkungen für ukrainisches Getreide kritisierte Özdemir als Wahlkampfmanöver. „Es kann nicht sein, dass aufgrund eines einheimischen Wahlkampfes die Solidarität mit der Ukraine untergraben wird“, sagte der Grünenpolitiker in Brüssel. Der Einzige, der sich über die Beschränkungen freue, sei Wladimir Putin. „Wir sollten aber nichts tun, was Wladimir Putin glücklich macht“, so Özdemir. Polen wählt im Oktober ein neues Parlament.

Die EU-Kommission hatte Anfang Juni beschlossen, Einschränkungen für Getreideimporte aus der Ukraine bis zum 15. September zu verlängern. Östliche EU-Staaten hatten zuvor eigenständig Maßnahmen ergriffen.

Selenskyj kritisiert Importverbot in EU für ukrainisches Getreide

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts der neuen russischen Seeblockade gegen Getreide aus seinem Land die EU zur Öffnung ihrer Grenzen für die Agrarprodukte aufgefordert. Europas Institutionen könnten vernünftiger handeln, als die Grenzen für ein bestimmtes Produkt zu schließen, sagte Selenskyj in seiner am Montagabend in Kiew verbreiteten allabendlichen Videobotschaft.

Die bisher bis zum 15. September verfügten Beschränkungen für den ukrainischen Getreideexport müssten an dem Tag auch wirklich enden. „Jede Verlängerung dieser Einschränkungen ist absolut inakzeptabel und klar nicht europäisch“, sagte er.

Großbritannien will mit der Türkei vermitteln

Derweil versucht wohl Großbritannien den Getreidedeal wieder zustande zu bringen. Bei einem Treffen am Dienstag mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sagte der britische Premierminister Rishi Sunak, dass das Vereinigte Königreich eng mit der Türkei zusammenarbeite, um den Getreidehandel wiederherzustellen.

Er wolle seine Rolle als Vorsitzender des Uno-Sicherheitsrates weiterhin nutzen, um das Verhalten Russlands zu verurteilen“, sagte ein Sprecher Sunaks in einer Erklärung. Zuvor hatte sich Sunak mit Selenskyj darauf verständigt, dass die Ukraine in der Lage sein muss, Getreide auf die internationalen Märkte zu exportieren.

Russland spricht mit Afrika über Getreide und Düngemittel

Russland blickt aktuell aber gar nicht Richtung Europa, sondern Richtung Afrika. Beim Russland-Afrika-Gipfel will das Land mit den afrikanischen Ländern auch über Getreide- und Düngemittelexporte sprechen. Das sagte Oleg Ozerov, Botschafter im russischen Außenministerium, der staatlichen Nachrichtenagentur Ria zufolge.

„Die Schaffung von Logistikkorridoren, Drehkreuzen nicht nur für Lebensmittel und Düngemittel, sondern auch für alle anderen Produkte, die die Russische Föderation herstellt, wird eines der Gesprächsthemen sein“, so Ozerov gegenüber Ria: „Ich halte die Idee solcher Logistikkorridore und die Einrichtung von Getreide-Hubs für vielversprechend und machbar.“

Putin will ukrainische Getreidelieferungen ersetzen

Russlands Präsident Wladimir Putin hat indes die Vereinbarung zum Getreideabkommen als "sinnlos" bezeichnet. Sein Land sei bereit, ukrainische Getreidelieferungen auszugleichen. Er wolle "versichern", dass Russland in der Lage sei, "ukrainisches Getreide sowohl auf kommerzieller als auch auf unentgeltlicher Grundlage zu ersetzen - zumal wir in diesem Jahr eine weitere Rekordernte erwarten", schrieb Putin in einem auf der Kreml-Website veröffentlichten Artikel anlässlich des Russland-Afrika-Gipfels in St. Petersburg.

Russland werde weiterhin "energisch" an den Lieferungen von Getreide, Nahrung, Düngemittel und anderem an afrikanische Länder arbeiten, hieß es weiter. 2022 habe Russland 11,5 Millionen Tonnen Getreide in afrikanische Staaten exportiert, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres fast zehn Millionen Tonnen. "Und das trotz der gegen unsere Exporte eingeführten Sanktionen, die die Ausfuhr russischer Lebensmittel in die Entwicklungsländer tatsächlich bedeutend erschweren", so Putin weiter.

Das von Russland nicht mehr verlängerte Abkommen, das rund ein Jahr lang Ausfuhren ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer ermöglicht hatte, habe seinen "Sinn verloren", so Putin.

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