Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Potenzial-Check Agrarmärkte

Geflügelfleisch ist dank Kostenvorteil im Aufwind

Geflügelfleisch steht wieder höher im Kurs. Der Markt soll 2023 nach einer längeren Pause wachsen, berichtet Mathias Klahsen, LWK Niedersachsen.

Lesezeit: 5 Minuten

In inflationären Zeiten achten Verbraucher mehr auf die Preise, das gilt vor allem beim Fleisch. Geflügeler­zeugern spielt das ein Stück weit in die Karten: Das vergleichsweise teurere Rind- und Schweinefleisch wird stärker von den Verbrauchern gemieden als das preiswertere Geflügelfleisch. Dadurch erwarten die EU-Marktexperten 2023 einen um 2,5 % höheren Geflügelfleischverbrauch als im Vorjahr.

Hinzu kommt: Dem Geflügelsektor ist es gelungen, die höheren Produktionskosten durch gestiegene Schlachterlöse aus­zugleichen und somit einen weiteren Produktionsrückgang zu vermeiden sowie die Rentabilität zu sichern.  

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Nach deutlichen Produktionsrückgängen in vielen EU-Staaten in den vergangenen Jahren durch verbreitete Geflügelpestfälle und gestiegene Produktionskosten könnte 2023 die Erzeugung um gut 1 % ansteigen – weltweit soll das Plus sogar noch darüber liegen. Um die steigende Nachfrage nach beliebten Teilstücken zu decken, dürften EU-Importe rund 7 % zulegen.

Das teurere Bio-Geflügel leidet allerdings ebenfalls unter Preissteigerungen und Kaufkraftverlust der Verbraucher: Die Nachfrage nach Bio-Geflügelfleisch (Anteil zeitweise 2,2 % am gesamten Geflügelmarkt) ist seit 2022 durch die hohen Inflationsraten und den damit verbundenen Kaufkraftverlust ins Stocken geraten und wieder auf das Niveau von 2020 gesunken. Vor allem die höheren Haltungsformen rücken damit derzeit etwas in den Hintergrund.

Geflügelanteil wächst weiter

Der Geflügelfleischmarkt dürfte von der aktuellen Lage profitieren und der Anteil am Gesamt-Fleischverzehr weiter wachsen. Fleischalternativen dürften auf niedrigem Niveau gewisse Anteile vom Fleischmarkt abgreifen. Verunsicherung herrscht dagegen bei Putenhaltern durch die politischen Forderungen im Eckpunktepapier Putenhaltung.

---

I N T E R V I E W

„Nur weniger Tiere reicht nicht!“

Die Branche hat ihre Hausaufgaben gemacht. Behörden und Politik könnten aber für mehr Tierwohl noch mehr tun, glauben die Geflügel-Wissenschaftler der Agrarfakultät an der Hochschule Osnabrück.

Die Ernährungsgewohnheiten ver­ändern sich, Geflügelfleisch gilt oft als Profiteur und hat ein gutes Image. Wie stellt sich die Branche auf?

Prof. Andersson: Die Nachfrage nach Geflügelfleisch dürfte weiter steigen: Wir haben eine wachsende Bevölkerung bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach proteinreichen und fettarmen Nahrungsmitteln. Hier hat Geflügelfleisch gegenüber rotem Fleisch gewisse Vorteile. Aber wo die Tiere gemästet werden und ob ganze Schlachtkörper, Teilstücke oder Convenience-Produkte vermehrt nachgefragt werden, ist schwer abzuschätzen.

In Deutschland verzögern oder verhindern aufwendige Genehmigungsverfahren weiterhin viele Expansionspläne. Da ist es naheliegend, dass die Mast auch auf andere Standorte aus­geweitet wird. Weiterhin ist denkbar, dass die Branche vermehrt in die Entwicklung und Vermarktung von ­Ge­flügelersatzprodukten (Fleischalter­nativen) investiert.

Der Geflügelfleischsektor ist stark ­vertikal integriert. Werden die Ketten künftig noch länger?

Dr. Kaufmann: Vertikal integrierte ­Ketten bieten den großen Vorteil der Abstimmung und Optimierung einzelner Produktionsschritte. Die verschiedenen Phasen der Produktion, Verarbeitung und Vermarktung koordinieren und kontrollieren zu können, führt u. a. zu Effizienzgewinnen und zur ­Sicherstellung der Produktqualität ­(Total-Quality-Management).

Fachwissen, Kenntnisse und Erfahrungen können gebündelt und zielgenau zur Anwendung kommen. Diese Möglichkeiten hat ein „freier Mäster“ in dem Umfang nicht. Eine stärkere Integration ist in der Einbindung der Veterinärmedizin zu erwarten. Verzicht auf Arzneimittel, Tierschutz und Tierwohl bleiben Dauerthemen. Die Tiere müssen nachweislich gesund sein.

Ob Integrationen in den Lebensmittelhandel hineinwachsen, hängt von vielen Rahmenbedingungen ab. Es gibt Länder, in denen dies bereits zu beobachten ist. Aber da hier kon­kurrierende Geschäftsmodelle aufeinandertreffen, enthalten diese Konzepte auch eine erhebliche Menge an Konfliktpotenzial.

Wintergärten am Hähnchenstall und verringerte Besatzdichten sollen für mehr Tierwohl sorgen. Reichen diese Maßnahmen aus?

Prof. Andersson: Je nach Jahreszeit und Alter der Tiere leisten Wintergärten oder Kaltscharrräume einen großen Beitrag zu mehr Tierwohl. So sind die Kriterien der Haltungsformstufe 3 zu erreichen, was hinsichtlich Vermarktung einen gewissen Mehrwert bieten kann.

Besatzdichten können eigentlich nur bewertet werden, wenn man das Alter der Tiere, die Strukturen im Stall, aber auch das Temperament bzw. das Verhalten der Tiere berücksichtigt.

Wichtig ist, zu verstehen, dass die pauschale und viel zitierte Gleichung „Halbe Besatzdichte gleich doppeltes Tierwohl“ nicht aufgeht.

Bei den Wintergärten scheitert es oft an den Genehmigungsbehörden, die z. B. Erweiterungen als Neubau ­sehen und abblocken. Was muss sich ändern, damit auch in viehstarken ­Regionen Investitionen fürs Tierwohl stattfinden?

Dr. Kaufmann: Es fehlen Bezugs­größen, die relevant sind. Nehmen Sie z. B. Emissionen. Diese kann man auf unterschiedliche Arten und Weisen ­erheblich beeinflussen. Der Weg muss oder sollte hier nicht allein über die Tierzahl oder Mastplätze gehen. Grundsätzlich wäre es wünschenswert, wenn mehr Dialog und Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Unternehmen, Organisationen und Genehmigungsbehörden stattfände.

Zudem wäre wichtig, klare Richtlinien und Standards für Tierwohlmaßnahmen und bauliche Erweiterungen festzulegen. Die Genehmigungsbehörden müssen für das Thema weiter sensibilisiert werden, und auch die Politik ist gefragt, bauliche Erweiterungen zugunsten von mehr Tierwohl zu unterstützen und zu fördern. Es gilt sowohl in Richtung Genehmigungsbehörden als auch in Richtung Landwirte bzw. Unternehmen, durch Schaffung von Anreizsystemen eine Transformation attraktiver zu machen. 

Vielen Dank für das Interview!

Mehr zu dem Thema

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.