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Afrikanische Nutzpflanzen: Der Trockenheit mit Augenbohnen trotzen

Afrikanische Nutzpflanzen könnten künftig nicht nur unseren Speiseplan bereichern, sondern auch als Rohstoff für vegane und glutenfreie Produkte dienen. Der Klimawandel macht es möglich.

Lesezeit: 4 Minuten

Als der Agraringenieur und Pflanzenforscher Dr. Klaus Fleißner von seinem jahrzehntelangen Aufenthalt in Namibia (Südwestafrika) nach Deutschland zurückkehrte, hatte er gleich mehrere Ideen für Forschungsprojekte im Gepäck: Nun untersucht er am Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), ob Augenbohnen, Erdnüsse, Sesam, Kreuzkümmel und Trockenreis aufgrund der steigenden Temperaturen und der zunehmenden Trockenheit künftig auch hierzulande angebaut werden können. Sein Leuchtturmprojekt: die Augenbohne (Vigna unguiculata). Der Name leitet sich von dem dunklen Fleck, dem „Auge“, auf den weißen Samen ab. Sie befinden sich in langen, dünnen, grünen Schoten.

Hierzulande ist die Augenbohne zwar noch nicht so bekannt, man findet sie aber in getrockneter Form, ähnlich wie Linsen oder Erbsen, in gut sortierten Supermärkten und Asialäden.

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Erste Versuche erfolgreich

Die Augenbohne ist wärmeliebend, sehr frostempfindlich und – da sie bis zu zwei Meter tief wurzelt – extrem trockentolerant. Deshalb fühlt sie sich vor allem in subtropischen Klimazonen, wie in Afrika, Südostasien, Brasilien und in südlichen Teilen der USA, wohl. Wie stehen die Chancen für einen Anbau in Deutschland? „Nach unseren ersten Anbauversuchen bin ich sehr optimistisch, dass die Augenbohne künftig auch in einigen Regionen Deutschlands im großen Stil angebaut werden kann, zum Beispiel in der Fränkischen Platte rund um Würzburg, in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, im Rheinland und in der norddeutschen Tiefebene“, berichtet Dr. Klaus Fleißner.

Nach unseren ersten Anbauversuchen bin ich sehr optimistisch, dass die Augenbohne künftig auch in einigen Regionen Deutschlands im großen Stil angebaut werden kann. - Fleißner

Der Wissenschaftler sieht in dieser Hülsenfrucht großes Potenzial für den deutschen Markt, weil sie dem aktuellen Trend zu einer pflanzenbetonten Ernährung entspricht. „Man kann die gegarten Trockenbohnen zum Beispiel als Beilage, für Suppen, Currys und Salate verwenden. Und aus dem Bohnenmehl lassen sich frittierte Bohnenbällchen (‚Akara‘ in Nigeria) zubereiten, das ist eine typisch afrikanische Speise“, weiß der Afrika-Kenner.

Augenbohne mit Mehrwert

Des Weiteren könnte die eiweiß- und ballaststoffreiche Hülsenfrucht als heimischer Rohstoff für die Herstellung von pflanzlichen Fleisch- und Wurstalternativen interessant sein. Hier bietet die Augenbohne gegenüber der Sojabohne gewisse Vorteile: Wenn man Sojabohnen beispielsweise zu Mehl verarbeitet, müssen sie erhitzt werden, um bestimmte Inhaltsstoffe unschädlich zu machen, die sich ungünstig auf die Proteinverdauung auswirken. Augenbohnen müssen nicht extra erhitzt werden, sie sind direkt nutzbar. Und: Soja gehört zu den Lebensmitteln, die häufig eine Allergie auslösen können, die Augenbohne zählt nicht dazu.

Für Fleischersatzprodukte können Augenbohnen auch eine Alternative zu Erbsen aus Deutschland sein, denn: „Auch die Erbse wird hierzulande künftig mit den hohen Temperaturen und damit dem Schädlingsdruck, beispielsweise durch den Bohnenbohrer, zu kämpfen haben. Diese Lücke könnte die Augenbohne gut schließen“, so Dr. Klaus Fleißner.

Was Sortenauswahl und Saatgutbeschaffung betrifft, fängt Dr. Klaus Fleißner aber nicht bei null an. Im Gegenteil. „Wir suchen nach etablierten Zuchtsorten in ihren Herkunftsländern und bedienen uns nicht der Genbank“, berichtet er. So arbeitet er für das Augenbohnen-Projekt unter anderem mit einem Forschungsinstitut in Nigeria zusammen. Bis ausreichend Saatgut für den deutschen Anbau zur Verfügung steht und der Anbau eine wirtschaftliche Bedeutung bekommt, wird es aber noch fünf bis zehn Jahre dauern. Die Rügenwalder Mühle zeigt sich schon mal offen: Sobald die Augenbohne unter unseren klimatischen Bedingungen angebaut werden kann, ist das Unternehmen durchaus bereit, sich eine mögliche Verwendung genauer anzugucken.

Perlhirse aus deutschem Anbau

Dr. Klaus Fleißner hat aus Namibia noch einen weiteren „Schatz“ mitgebracht: das Saatgut der Perlhirse. Erste Anbauversuche in Niederbayern habe sie mit Bravour bestanden.

„Die Herausforderung wird es nun sein, den Markt dafür zu finden“, berichtet er. Leider habe die Nahrungsmittelindustrie die Hirse nie ernst genug genommen. Dabei sei diese glutenfreie Getreideart nicht nur für die glutenfreie Ernährung eine Bereicherung, sondern sie könne auch für Abwechslung im Speiseplan sorgen. Dafür müsse man sie allerdings noch viel bekannter machen. Die Projekte zeigen: Verbraucher, Hersteller und LEH können gespannt sein, wie der Klimawandel das Lebensmittelangebot weiter verändern wird.

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