„Nicht jeder Verbraucher will zum Landwirt oder Hofladen rausfahren, um frische Lebensmittel zu kaufen“, sagen die Gründer des Start-ups „Lokora“. Hinzu komme, dass die meisten Menschen bei der Vielzahl verschiedener Siegel im Supermarkt den Überblick verlieren. Der Begriff „lokal“ bzw. „regional“ sei verwässert und selbst regionale Lebensmittel würden oft erst über Umwege, etwa bei der Umlagerung im Logistikzentrum, in den LEH gelangen.
Hier will das vierköpfige Gründerteam ansetzen: Über eine digitale Vermarktungs- und Logistikplattform will Lokora die Produkte von landwirtschaftlichen Betrieben im Umkreis von max. 30 km im Handel platzieren. Dabei übernimmt das Start-up die Abwicklung, die Preisverhandlungen mit dem LEH, das Marketing und den Transport der Waren. 2020 gründeten Finn Seidel, Thomas Schuwald, Marius Mohr und Felix Henning das Unternehmen, das seit vergangenem Jahr über das Exist-Gründerstipendium vom Bund gefördert wird. Derzeit seien 20 Landwirte und 20 Märkte im Raum Stuttgart/Tübingen im Boot.
Das Konzept
Die hofeigenen Produkte im Supermarkt zu platzieren und in Gespräche mit dem LEH zu gehen, sei für viele Landwirte eine Hürde. Bei Lokora können Produzenten daher in einer App, einer Art virtuellem Warenlager, eintragen, welche Produkte sie in welchen Mengen verfügbar haben. Die App verbindet diese dann mit dem Supermarkt, der die Waren bestellen kann. Lokora holt die Ware mit einem E-Transporter täglich von den Produzenten ab und bringt sie zu den Supermärkten. Die landwirtschaftlichen Betriebe liegen im Umkreis von max. 30 km zum Supermarkt. Am Point of Sale werden die Produkte in speziellen Lokora-Aufstellern angeboten.
Die Plattform will die Kommunikation zwischen Erzeugerbetrieben und Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen erleichtern. Durch Verzicht auf Produktlager und den Einsatz von E-Transportern sollen die Nachhaltigkeit erhöht und zugleich die Transparenz der Produktherkunft für Verbraucher erhöhte werden.
Das Konzept hat allerdings auch seinen Preis. Produkte von Lokora bewegen sich im mittleren bis oberen Preissegment – 1 kg Erdbeeren kann dann schon einmal knapp 10 € kosten.
So funktioniert das Netzwerk
- Landwirte
Das Start-up bezieht ausschließlich frische und nichtverarbeitete Produkte von den Landwirten – also primär Obst und Gemüse aus konventionellem und biologischem Anbau. Teilnehmende Betriebe pflegen ihre Bestände in der Lokora-App und stellen diese im Rahmen der automatischen Bestellabwicklung zur Abholung bereit. Beteiligt seien bisher Haupt- sowie Nebenerwerbsbetriebe, Gärtnereien und Obstbetriebe. Lokora führt zuvor die Preisverhandlungen mit dem LEH für die Landwirte. Das Unternehmen kalkuliert dabei mit einer Marge von 30 %.
- Supermärkte
Die Supermärkte im Netzwerk sind in erster Linie selbstständige Kaufleute dezentral organisierter Handelsunternehmen wie Rewe und Edeka. Zur Warenpräsentation dient das Lokora-Hofladen-Display am Point of Sale. Bei der Bestellabwicklung soll die Lokora-Plattform Telefon und Fax, die üblichen Bestellwege, ersetzen.
- Mikrologistik
Die softwaregestützte Mikrologistik von Lokora will auf Basis von Machine-Learning-Ansätzen eine dezentral organisierte, ressourcenoptimierte Streckenbelieferung umsetzen. Durch einen maximalen Radius von 30 km der einzelnen Logistikzellen ist das Konzept auf die Nutzung von E-Lieferwagen ausgerichtet. Zudem soll eine Steuerungsfunktion für die Warenverteilung auf Grundlage von Standorts-, Abverkaufs-, Produktions-, Lagerhaltungs- und Bestelldaten der Lebensmittelunternehmen eine zentrale Lagerhaltung ersetzen.
- App
Mit der Lokora-App kann flexibel auf die Lokora-Plattform zugegriffen werden. So können etwa Bestände von unterwegs, z. B. vom Feld gepflegt werden und Bestellungen am Point of Sale ausgelöst werden.
- Konsument
Durch den Hofladen von Lokora haben Konsumenten die Möglichkeit, in ihrem Supermarkt ein Produktsortiment zu kaufen, das ihrem Anspruch an Regionalität gerecht werden kann. Sie können nachvollziehen, von welchem Betrieb das Produkt stammt.
Wie geht es weiter?
Neulinge sind die Gründer auf ihrem Gebiet nicht, denn sie bringen BWL-Expertise und Erfahrung in Einzelhandel und Mikrologistik mit. Das habe ihnen bei der Umsetzung geholfen. Bis Jahresende soll das Konzept auf 60 Landwirte und Lebensmittelunternehmen wachsen, im kommenden Jahr soll es dann auf ganz Deutschland ausgeweitet werden.