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Jurist: „Massentierhaltung“ nicht mit Staatsziel „Schutz der Lebensgrundlagen“ vereinbar

Der Jurist Dr. Bert Herbrich sieht gleich mehrere grundgesetzliche Prinzipien durch „Massentierhaltung“ verletzt. Eine griffige Definition, was „Massentierhaltung“ ist, bleibt er aber schuldig.

Lesezeit: 3 Minuten

Schluss mit „Massentierhaltung“ – so der Tenor einer Veranstaltung, zu der die Berliner Landestierschutzbeauftragte Dr. Kathrin Herrmann gestern eingeladen hatte. Aber was ist das: „Massentierhaltung“?

Für den Juristen Dr. Bert Herbrich von der Technischen Universität Dresden ist „Massentierhaltung“ jede Form von „konzentrierter, landloser Haltung von Tieren einer einzigen Art in Großbetrieben mit minimalem Zeit- und Personalaufwand unter hohem technischem Aufwand, in industriellen Zuchtlinien mit dem Ziel der Erreichung größtmöglicher Produkte tierischer Herkunft“.

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Auch Herbrich räumte bei der gestrigen Veranstaltung ein, dass diese Definition nicht „besonders griffig“ ist. Zudem handelt es sich nicht um die amtliche Begriffsbestimmung, denn eine solche gibt es nicht. Ungeachtet dessen ist der Jurist der Auffassung, dass die moderne Nutztierhaltung oft gegen die Verfassung verstößt. Das macht er unter anderem am im Grundgesetz verankerten Staatsziel „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ fest.

Staatsziel zum Schutz der Naturressourcen verletzt

Dieses Staatsziel wird laut Herbrich verletzt, da die aktuelle Generation im Begriff sei, durch „Massentierhaltung“ sämtliche Umweltgüter aufzubrauchen bzw. zu vernichten, etwa durch THG-Emissionen oder Überdüngung. Auch das mit dem Staatsziel verbundene Verschlechterungsverbot für die natürlichen Ressourcen werde durch diese Form der Tierhaltung nicht eingehalten. Der Jurist ist deshalb der Auffassung, dass „Massentierhaltung“, so wie er sie versteht, nicht mit dem Staatziel zum „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ vereinbar ist.

Einen weiteren Verfassungsverstoß sieht er im Tierschutz. Dieser sei 2002 durch die damalige Grundgesetzänderung auf Verfassungsebene gehoben worden und umfasse den Schutz der Tiere vor nicht artgerechter Haltung, vor vermeidbarem Leid sowie der Zerstörung ihrer Lebensräume. Vor diesem Hintergrund ist für Herbrich klar: „Massentierhaltung“ ist aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht tragbar.

Gesetzgeber muss handeln

Er will das nicht als Aufforderung für ein grundsätzliches Verbot der Nutztierhaltung verstanden wissen. Die müsse aber in Zukunft entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben eine artgerechte Haltung sicherstellen und „vermeidbares“ Tierleid, sowie Umwelt- und Naturraumzerstörung sicher verhindern. Die Verantwortung dafür sieht Herbrich beim Gesetzgeber.

Kommentar

Allein das Fehlen einer allgemeingültigen Definition von „Massentierhaltung“ macht eine sachliche Diskussion über das Thema schon schwierig. Für die Gegner der modernen Nutztierhaltung fängt „Masse“ mitunter schon bei 20 Kühen an. Tierhalter werden einwenden, dass Tierwohl nicht an eine Tierzahl gebunden werden kann, solange es dem Einzeltier gut geht. Die Kritik von Herbrich setzt aber tiefer an: Moderne Tierhaltung ist verfassungswidrig, wenn bestimmte Voraussetzungen beim Tier- und Umweltschutz nicht erfüllt werden. Das ist starker Tobak. In dieser Konsequenz müsste der Gesetzgeber aber auch Alkohol, den Verbrennermotor oder den Wohnungsbau umgehend verbieten, denn diese haben potenziell ebenfalls negative Effekte auf die Gesundheit oder die Natur. Eine einfache Lösung für das Thema liegt nicht auf der Hand. Viel wäre aber schon geschafft, wenn sich Politik und Gesellschaft darauf verständigen könnten, was „Massentierhaltung“ für sieeigentlich ist. Dann wäre man vielleicht auch einen Schritt weg vom Generalverdacht, den viele Verbraucher gegenüber Tierhaltern hegen. Die haben schließlich nichts davon, wenn es ihren Tieren schlecht geht. Marko Stelzer

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