Wir möchten eine höhere Wertschöpfung für Holsteinbullenkälber“, leitete der Vizepräsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft Ulrich Westrup die Veranstaltung "Qualitätsrindfleisch von Holstein Bullen?!“ im Oktober im Versuchs und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse (NRW) ein und appellierte, in neue Richtungen zu denken: „Geht nicht, gibts nicht!“, verdeutlichte er das Motto der Tagung.
Was wollen Kunden?
Damit Holsteinfleisch eine Chance auf dem Markt hat, muss es Verbrauchern schmecken. Prof. Steffen Maak vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Dummerstorf (Mecklenburg Vorpommern) erklärte, welche Anforderungen Kunden an Fleisch stellen: Es muss hellrot, feinfaserig und gut marmoriert sein. „Die Rasse Holstein hat hohes Potenzial für die Einlagerung von intramuskulärem Fett. Mehr Potenzial als die Rasse Charolais“, stellte Steffen Maak ein Versuchsergebnis vor.
Weidehaltung habe generell allerdings einen negativen Effekt auf die Bildung von intramuskulärem Fett. „Trotzdem lässt sich Weide etappenweise gut in die Mast integrieren“, erklärte der Wissenschaftler. Eine intensive Endmast sei aber unverzichtbar.
Zielkonflikte
Aus Sicht des Wissenschaftlers kommt die beste Fleischqualität von Ochsen und Färsen sowie von Fleischrassen. „In der Realität kommt das Fleisch aber oft von Bullen und Kühen“, sagte Steffen Maak und ergänzte: „Die Rindfleischerzeugung mit Milchviehrassen wird bedeutsam bleiben.“ Er geht da von aus, dass auch Dairy Beef eine immer größere Rolle spielen wird. „Kreuzungstiere mit einer besseren Schlachtkörperqualität werden nach der EU weit gültigen EuropNorm besser bewertet“, begründete er. Er glaubt, dass regionale Marken und Rindfleischprogramme an Bedeutung gewinnen.
Dieser Meinung ist auch Dr. Sandra Erdmann von Fleischwerk Edeka Nord. „Rinder für mögliche Qualitätsprogramme sind allerdings kaum verfügbar“, bemängelte sie während der Podiumsdiskussion. Alfons Baumeister von der Landwirtschaftskammer (LWK) NRW und Wilfried Naue von der LWK Niedersachsen hatten für die Lösung dieses Problems einen Vorschlag: „Es muss auf den Schlachthöfen nach Rassen sortiert werden, nicht auf den Höfen!“, appellierten sie in Richtung der anwesenden Vertreter der Schlachtunternehmen. So wäre es für Landwirte einfacher, verschiedene Rassen zu mästen und zu vermarkten.
Wie kann es gelingen, mehr Holstein zu vermarkten?
Gunnar Rohwäder von Tönnies erklärte, dass Deutschlands größter Fleischverarbeiter Holsteinbullen stärker in die Vermarktung nehmen will. „Unser Ziel ist, die Vermarktung dieser Rasse zu verbessern“, sagte er und gab zu bedenken, dass Qualitätsprogramme aus Deutschland im Ausland keine Rolle spielen.
„Am wichtigsten ist aus Sicht der Bullenmäster die Wirtschaftlichkeit“, erklärte Markus Schulze-Finkenbrink vom Bundesverband Rindermast. Bei den aktuellen Futterkosten sei es momentan nicht wirtschaftlich, Holsteins zu mästen, betonte er, der selbst einen Bullenmastbetrieb in der Nähe von Münster (NRW) führt. „Wir brauchen Qualitätsprogramme mit einheitlichen Vorgaben“, zeigte sich Dr. Sandra Erdmann überzeugt. Wichtig sei zudem eine gute Kommunikationsarbeit.
Und unterm Strich?
„Was bleibt unterm Strich über?“, fragte Wilfried Naue und stellte die Zahlen eines Betriebes vor, der in einem Durchgang zusätzlich zu zwei Kreuzungsrassen auch Holsteins mästete. Alle Gruppen hatten von der Fütterung über die Haltung die gleichen Bedingungen. Das Ergebnis zeigte, dass die Schwarzbunten wirtschaftlich am schlechtesten abschnitten. „Warum soll ein Landwirt diese Rasse halten, wenn er am Ende mit anderen mehr verdienen kann?“, fragte der Berater.
„Die Wertigkeit von HF-Bullen ist geschmacklich da, nur wird sie nicht bezahlt“, erklärte Bettina Seitz, Fleischsommelière und Gastronomin aus Neumünster (Schleswig-Holstein). Ein Sensoriktest bestätigte, dass das Fleisch von Holsteinbullen denen anderer Rassen in nichts nachsteht.
Wie gehts weiter?
Gunnar Rohwäder will nun Holsteinmäster suchen und ein gemeinsames Projekt aufsetzen: „Wir bestimmen einen Zuschlag und eine Laufzeit“, versicherte er.
„Die Bereitschaft, die Holsteinmast voranzubringen, ist da“, bilanzierte Andreas Pelzer, stellvertretender Leiter von Haus Düsse. „Jetzt geht es darum, die Holsteinmast auch ökonomisch zu gestalten.“