Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus CRISPR/Cas

Pflanzenzüchter erfreut: EU-Erlaubnis für Grüne Gentechnik bringt uns nach vorn

Der Weg zur Nutzung neuer Züchtungstechnologien wie CRISPR/Cas ist geebnet. Wie der Entwurf aus Brüssel zu bewerten ist und was noch zu klären ist, weiß Stephanie Franck vom BDP.

Lesezeit: 7 Minuten

Schnell gelesen

Mit neuen Züchtungsmethodenent­wickelte Pflanzen will die EU in Kategorien einordnen und unterschiedlich regulieren.

Der BDP sieht im Gesetzentwurf einen guten Ansatz, innovative Züchtungsmethoden künftig nutzen zu können.

Naturidentische Eigenschaften von Pflanzen sollten aus Sicht des BDP nicht patentierbar sein – ein starker Sortenschutz ist das bessere Instrument.

Wir sprachen mit Stephanie Franck vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) über den Plan der EU-Kommission, neue Züchtungsmethoden in der Praxis zu erlauben.

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

I N T E R V I E W

Kürzlich hat die EU-Kommission einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Nutzung neuer Züchtungsmethoden, wie z. B. CRISPR/Cas, erleichtert. Was sind die Kernpunkte des Entwurfs, und wie bewertet ihn der BDP?

Franck: Im Kern besagt der Entwurf, dass Pflanzen, die mit neuen Züchtungsmethoden – sogenannten New Genomic Techniques, kurz NGT – ­entwickelt wurden, einer an wissenschaftlichen Kriterien ausgerichteten Beurteilung unterzogen werden sollen. Nach Definition des Kommissions­vorschlags dürfen NGT-Pflanzen nur genetisches Material aus kreuzbaren Arten enthalten, also keine Fremd-DNA. Sie sind nicht transgen.

Der Entwurf ordnet Pflanzen, die auch durch herkömmliche Züchtung oder natürliche Prozesse hätten ent­stehen können, einer Kategorie 1 zu. Diese müssten bei den Fachbehörden zunächst als Kategorie 1 NGT-Pflanzen vorgestellt werden, dann einen Verifizierungs- bzw. Prüfprozess erfolgreich durchlaufen und würden anschließend in einem EU-Register gelistet. Im Rahmen des Verifizierungsprozesses soll behördlich geprüft werden, ob die ­vorgestellten Pflanzen die in der Verordnung definierten Kriterien für ­Kategorie 1 NGT-Pflanzen erfüllen.

Zudem führt der Entwurf eine Kategorie 2 ein. NGT-Pflanzen dieser Kategorie weisen weitergehende genetische Veränderungen auf, sind aber ebenfalls nicht transgen. Kategorie 2-Pflanzen müssen einen je nach Art der Verän­derung angepassten GVO-Zulassungsprozess durchlaufen und unterliegen grundsätzlich den GVO-Vorschriften.

Der BDP begrüßt den Entwurf der EU-Kommission, da er einen grundsätzlich geeigneten Vorschlag zum Umgang mit NGT macht. In Zeiten von Ernährungssicherung und Klimawandel ist es enorm wichtig, das Innovationssystem Pflanze so zu gestalten, dass die Züchtung ihr volles Potenzial abrufen kann. Eine praktikable NGT-Regulierung ist u. a. hierfür ein wesentlicher Baustein.

„NGT-Pflanzen dürfen keine Fremd-DNA enthalten und  sind damit nicht transgen.“

Soll Saatgut, das mithilfe neuer Züchtungsmethoden produziert wurde, laut Entwurf gekennzeichnet werden?

Franck: Ja – sowohl auf dem Saat­gutsack als auch im Sortenkatalog müsste angegeben werden, dass die Sorte ein NGT-Produkt ist. Pflanzen aus neuen Züchtungsmethoden, die konventionell gezüchteten weit­gehend gleichgestellt sind – also ­Kategorie 1-Sorten – müssten künftig auf dem Saatgutsack eine einheit­liche ­Kategorie 1-Aufschrift tragen.

NGT-Pflanzen der Kategorie  2 ­müssten hingegen als gentechnisch ­veränderte Organismen zugelassen und dementsprechend durchgängig ­ge­kennzeichnet werden.

Der Ökolandbau muss laut Definition gentechnikfrei wirtschaften. Wird es auch Koexistenz- und Rückverfolg­barkeitsregeln geben?

Franck: Der Entwurf verbietet dem Ökolandbau die Verwendung von Sorten oder Produkten beider Kategorien, also auch der „naturidentischen“ Kategorie 1. Der Entwurf geht davon aus, dass der Ökolandbau hinsichtlich der Kategorie 1 NGT-Pflanzen nur sicherstellen muss, dass solches Saatgut und solche Produkte nicht wissentlich verwendet werden. Unbeabsichtigte Spuren aus technischen Vermischungen oder biologischen Einträgen hätten keine Konsequenz, das Bio­produkt bliebe als zertifiziertes Ökoprodukt vermarktbar. Das ist auch sinnvoll, denn bei Kategorie 1 handelt es sich ja um Pflanzen, die auch in der Natur vorkommen oder durch herkömmliche Züchtung hätten entstehen können.

Anders ist es bei Kategorie  2. Für diese NGT-Pflanzen sind nach dem Verordnungsvorschlag auch Nachweis- und Iden­tifizierungsverfahren nötig, was eine Umsetzbarkeit und Kontrolle von Koexistenz- und Rückverfolgbarkeitsregeln ja erst ermöglicht.

Einige Unternehmen wollen sich die neuen Techniken bis hin zu pflanzlichen Eigenschaften patentieren lassen. Was hat das für Konsequenzen?

Franck: Eigenschaften von Pflanzen, die auch mit herkömmlichen züchterischen Verfahren erreichbar wären oder gar ohne menschlichen Einfluss in der Natur entstehen könnten, wie z. B. Pflanzen aus klassischer Mutagenese bzw. aus Kategorie 1 NGT, sind nicht vergleichbar mit technischen Erfindungen, für die das Patentrecht normalerweise Anreize bietet.

Unser Anliegen für die Landwirtschaft kann auch nicht bei der Entwicklung einzelner Pflanzeneigenschaften stehen bleiben. Die Gene einer Pflanze interagieren untereinander und mit der Umwelt. Es kommt auf die Gesamtkomposition an – und das ist die Sorte. Zur Stimulierung der hochinnovativen züchterischen Arbeit gibt es deshalb ein eigenes, speziell zugeschnittenes Schutzrecht: den Sortenschutz.

Durch die sogenannte Züchtungs­ausnahme im Sortenschutz ist sichergestellt, dass alle Züchter die geschützten Sorten anderer Züchter ohne Zustimmung des Sortenschutzinhabers für weitere Züchtungszwecke inklusive der Vermarktung nutzen können. Der ­Zugang zu genetischem Material ist die Basis züchterischer Arbeit und könnte aber mit zunehmendem Patentaufkommen im Bereich pflanzlicher Eigenschaften und Genomeditierungsverfahren empfindlich behindert werden. Das würde den Zuchtfortschritt bremsen.

Mein Fazit: Pflanzeneigenschaften, die auch in der Natur vorkommen oder entstehen könnten, sollten nicht patentierbar sein. Ein starker Sortenschutz ist das geeignete Instrument, um Innovationen zu fördern.

„Pflanzeneigenschaften, die auchin der Natur vorkommen könnten,sollten nicht patentierbar sein.“

Was müsste man beim Patentschutz/­-recht regulieren, um den Züchtungsfortschritt nicht zu gefährden?

Franck: Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den gesicherten Züchtungsfortschritt ist der ungehinderte Zugang zu pflanzengenetischem ­Ma­terial, so wie ihn der Sortenschutz ­sicherstellt. Um diesen Zugang auch zukünftig zu gewährleisten, spricht sich der BDP gegen eine Patentierbarkeit von biologischem Material aus, welches auch in der Natur vorkommen oder entstehen könnte, und zwar unabhängig davon, wie es hergestellt wurde.

Wir brauchen hier schnellstmöglich eine rechtsverbindliche Lösung und hoffen, dass die Politik diese Dringlichkeit erkennt und handelt. Um die Arbeitsfähigkeit in der Pflanzenzüchtung in der Zwischenzeit aufrechtzuerhalten, sind Lizenzplatt­formen, wie z. B. die Agricultural Crop Licensing Platform (ACLP) oder die International Licensing Platform Vegetable, eine sinnvolle Übergangslösung.

Welche Schritte im Gesetzgebungsverfahren stehen nun an? Ab wann könnte das Gesetz zur Nutzung der neuen Züchtungsmethoden in Kraft treten?

Franck: Zunächst müssen sich die Mitgliedstaaten der EU im Rat und die Abgeordneten des Europäischen Parlaments damit befassen und dazu positionieren. Im Rahmen dieses Verfahrens ist es möglich, Änderungen am Ver­ordnungsvorschlag einzubringen, die dann am Ende im sogenannten Trilog-Verfahren zwischen EU-Kommission, ­Mitgliedstaaten und EU-Parlament zu einem Kompromissvorschlag führen können.

Im gegenwärtigen Vorschlag ist darüber hinaus vorgesehen, dass die Verordnung zwei Jahre nach Inkrafttreten gültig wird. Das bedeutet, dass mindestens noch einige Jahre vergehen, bis die erste Pflanze in der EU den Verifizierungsprozess durchlaufen kann – eine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass sich die EU seit 2008 mit der Frage beschäftigt, wie solche Pflanzen reguliert werden sollen.

Welche Vorteile hat die Nutzung der neuen Methoden für die Land­wirtschaft – sind in Zukunft dadurch ­deutlich zügigere Züchtungsfortschritte zu erwarten, z. B. hinsichtlich dauerhafter Pilztoleranzen im Weizen?

Franck: Mit den Methoden können grundsätzlich viele wichtige Eigenschaften bearbeitet werden, z. B. eine verbesserte Toleranz gegenüber bio­tischem und abiotischem Stress. Eine von europäischen Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen unterhaltene Datenbank listet weltweit bereits über 700 solcher Anwendungen an Nutzpflanzen auf.

Der Vorteil der neuen Züchtungsmethoden liegt hier in einer zielgerichteteren und schnelleren Umsetzung, denn die Züchtungsziele unterscheiden sich primär nicht von jenen, die auch mit den bisherigen Verfahren adressiert werden können. Züchterinnen und Züchter wählen ­jeweils die geeignetste Methode zur Erreichung eines Zieles aus.

Insofern ergänzen die neuen Züchtungsmethoden das Spektrum der Pflanzenzüchtung, ohne die bestehenden Verfahren zu ersetzen. Der Vorschlag der EU-Kommission bietet die Chance, dass diese neuen Werkzeuge zukünftig auch praktisch genutzt ­werden können.

Mehr zu dem Thema

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.