Patchworkfamilien sind in Deutschland keine Seltenheit mehr. 10 bis 12 % der Bevölkerung leben das bunte, jedoch konfliktbeladene Familienmodell. Aber: In der Landwirtschaft ist es noch immer eine Besonderheit. In vielen Fällen sind es Frauen mit Kindern, die auf die Höfe ziehen. Diese neuen Partnerinnen und Partner wissen oftmals wenig über das System Familienbetrieb und ahnen nicht, dass sowohl familiäre Ansprüche gestellt werden, als auch häufig Unterstützung im Betrieb, z.B. im Büro oder bei der Stallarbeit, erwartet wird.
Gar nicht so selten: 10 bis 12 % der Deutschen leben in Patchworkfamilien.
„Außerdem ist die zumeist konservativ geprägte Familie und das Umfeld des Landwirts oder der Landwirtin gegenüber einem Partner mit Kind eher skeptisch eingestellt“, hat Maike Aselmeier, Psychologin und Landwirtin aus Baden-Württemberg, beobachtet. Das kann das Zusammenleben noch erschweren. „Auch die Sorge, den Hof später an ein „fremdes“ Kind weitervererben zu müssen, ist bei viele Senioren immer noch präsent“, erklärt sie weiter.
Ein großer Vorteil des Bauernhofs ist es dagegen, dass er der Großfamilie viel Platz bietet, jedes Kind sein eigenes Zimmer beziehen kann und es ausreichend Freiraum für alle gibt, um sich auszuprobieren und auch aus dem Weg zu gehen.
Eines steht fest: Kinder aus Trennungsfamilien spüren ohnehin eine große Zerrissenheit – egal, wie alt sie sind, das Zerbrechen der Kernfamilie ist ein großer Verlust, der lange nachwirkt. „Das Alte muss abgeschlossen sein, damit Neues sich entwickeln kann“, sagt Dr. Andreas Metten, Agraringenieur und systemischer Berater.
Die Bedeutung der Eltern
Damit aus diesem Gefühl von Verlust und Trauer etwas Gutes, Neues entstehen kann, müssen alle Beteiligten hart arbeiten. Gute Kommunikation ist in dieser schwierigen Situation das Allerwichtigste. Eine Expertin rät sogar, ein Coaching oder eine Therapie in Anspruch zu nehmen. „Es liegen viele Stolpersteine im Weg. Aber es kann richtig gut werden“, sagt sie.
Der Schlüssel zum Erfolg der Patchworkfamilie liegt dabei nicht ausschließlich in der Hand der beiden neuen Partner, sondern vor allem im Verhalten der Eltern und dem Verhältnis der beiden Elternteile der Kinder zueinander. Wenn die Ex-Partner einen Weg finden, Absprachen zu treffen und ihre persönlichen Befindlichkeiten und Verletzungen aus der Beziehung zum Kind herauszuhalten, können diese sich leichter auf die neue Familienkonstellation einlassen, sagen unsere Experten.
Bunt, modern, besser? So wird das Familienmodell oft dargestellt. In der Realität birgt es dagegen viel Stress und Frustration. Schon in klassischen Familien ist das Konfliktpotenzial hoch. In einer Patchworkfamilie kommen dagegen nicht nur zwei Partner zusammen, die oft schon ein bewegtes Leben hinter sich haben und feste Vorstellungen mitbringen, sondern auch deren Kinder, die die Regeln und Rituale ihrer eigenen Familie verinnerlicht haben. Die frisch Verliebten können sich nicht aufeinander konzentrieren, sondern wollen auch die Kinder des jeweils anderen mit einbeziehen. Zudem ist es erforderlich, dass die Partner auch einen Umgang mit dem geschiedenen Elternteil finden, der nicht immer einfach ist.
Damit die Patchworkfamilie gelingt, ist es entscheidend, dass die Ex-Partner Absprachen im Sinne der Kinder treffen.
Große Unruhestifter im Patchwork-Alltag sind z.B. die Feiertage, Familienfeiern und das Austüfteln der Besuchswochenenden, bestätigen auch die Frauen von den Höfen, mit denen wir gesprochen haben. Welche Kinder leben ständig mit im Haus, welche nur manchmal? Wer darf den Arztbesuch, den Klamotteneinkauf oder die Familienfeier begleiten? Das sind nur die offensichtlichen Fragen.
Ein Interview und unsere Reportagen zum Thema: