Die Umweltminister von Bund und Ländern haben sich auf eine neue gemeinsame Linie in der Wolfspolitik geeinigt. Einstimmig unterstützten sie bei ihrer Umweltministerkonferenz in Münster die Vorschläge von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) für ein schnelleres und unbürokratischeres Verfahren zur Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen, die zumutbare Herdenschutzmaßnahmen überwinden.
Abschuss nach einmaligem Riss und ohne DNA-Nachweis
Danach soll ein Wolf in Gebieten mit erhöhtem Rissaufkommen bereits nach dem erstmaligen Riss von Weidetieren ohne vorherigen DNA-Test geschossen werden dürfen. Die Abschussgenehmigung soll dann in einem Zeitraum von 21 Tagen nach dem Riss gelten und die Entnahme im Umkreis von bis zu 1.000 Meter um die betroffene Weide ermöglichen. Voraussetzung für die Abschussgenehmigung ist allerdings, dass es vorher einen Herdenschutz für die betroffenen Weidetiere gab, den der Wolf überwunden hat.
Backhaus verspricht Inkraftsetzen bis zur Weidesaison 2024
Die Gebiete mit erhöhtem Rissaufkommen, für die diese Regelung gelten soll, sollen jetzt von den Ländern festgelegt werden. Dafür wollen die Länder jetzt ihre Wolfsverordnungen ändern. Die sechs am meisten betroffenen Bundesländer mit dem größten Wolfsvorkommen wollen sich für die Definition der Gebiete zusammenschließen und abstimmen: Das sind Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Bereits kommende Woche soll es dafür ein Treffen in Mecklenburg-Vorpommern geben, kündigte der Umweltminister von MV, Till Backhaus (SPD) auf der Pressekonferenz der UMK an. Laut Backhaus sollen die Regelungen dann „zu Beginn der Weidesaison 2024“ bereits in Kraft treten.
Lemke weist auf schnellstmögliche Lösung hin
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bezeichnete die Einigung als „großen Erfolg“. „Wir haben gemeinsam eine Regelung beschlossen, die es bundesweit möglich macht, Wölfe nach Rissen auf Weidetiere schnell und unkompliziert abzuschießen“, sagte sie bei der Abschlusspressekonferenz. Diese Schnellabschüsse seien unbürokratisch und praktikabel umsetzbar. Langwierige Gesetzesänderungen auf nationaler oder europäischer Ebene seien dafür nicht nötig, sagte Lemke in Anspielung auf Forderungen, die die Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfes auf EU-Ebene verlangen.
Warten auf Vorschläge von von der Leyen in Brüssel
Über ein aktives Bestandsmanagement von Wölfen haben die Umweltminister auf der UMK wohl nur am Rande diskutiert. Zunächst sollen nun die von EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen angekündigten Vorschläge über eine Neubewertung des Wolfes in Europa abgewartet werden. Diese sollen „zeitnah bis Jahresende“ vorliegen, „da wollen wir dann Schlussfolgerungen draus ziehen“, sagte Umweltministerin Lemke. Sollte die Praxis zeigen, dass die jetzt getroffenen Entscheidungen für den erleichterten Abschuss übergriffiger Wölfe nicht ausreichen, sei sie bereit sich andere Lösungen anzuschauen, sagte Lemke auf Nachfrage.
Hartelt: UMK-Lösung völlig unzureichend
Beim Deutschen Bauernverband (DBV) kommt angesichts der Ergebnisse der Umweltministerkonferenz in Münster keine Euphorie auf. „Zur Sicherung der Weidetierhaltung in Deutschland ist ein schneller Abschuss von übergriffigen Wölfen ein Muss, der Vorschlag des BMUV ist aber realitätsfremd und völlig unzureichend", so der DBV-Umweltbeauftragte und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt.
Zur Sicherung der Weidetierhaltung in Deutschland ist nach seiner Überzeugung ein schneller Abschuss von übergriffigen Wölfen ein Muss, der Vorschlag des BMUV sei aber realitätsfremd und völlig unzureichend. "Eine verantwortliche Wolfspolitik muss bestehen aus dem Dreiklang aus Herdenschutz, Problemwolfabschuss und Regulierung des Wolfsbestandes", sagt Hartelt. Er prophezeit, dass der Wolfsbestand ohne den Baustein Bestandsregulierung weiter exponentiell zunehmen wird und eine Haltung von Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden und landwirtschaftlichen Wildtieren auf der Weide auf absehbare Zeit unmöglich macht.
Wölfin Gloria in NRW kurz vor dem Abschuss
In NRW steht aktuell noch eine Abschussgenehmigung der Wölfin Gloria bevor, die am Niederrhein seit längerem mit Rissen auffällt. Der zuständige Kreis Wesel sei noch dabei, die Anordnung zum Abschuss des Umweltministeriums zu prüfen, sagte der Umweltminister von NRW, Oliver Krischer (Grüne). Mit Blick auf die lange Rissgeschichte der Wölfin Gloria sagte Krischer, dass es mit der neuen von den Umweltministern nun vereinbarten Regelung wesentlich schneller gegangen wäre, diese zu entnehmen.