In kleinen Schritten vollzieht sich in den Bundesländern aktuell ein Wandel in der Wolfspolitik. Nach dem Beschluss der Umweltministerkonferenz vom 1. Dezember 2023 können die Länder ihre Wolfsverordnungen für einen schnelleren Abschuss übergriffiger Wölfe ohne DNA-Nachweis ändern. Die Gebiete mit erhöhtem Rissaufkommen, für die diese Regelung gelten soll, sollen jetzt von den Ländern festgelegt werden.
MV schließt sich mit fünf Ländern zusammen
Die sechs Bundesländer, in denen die Wolfsdichte am höchsten ist, nämlich Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wollen sich dafür zusammenschließen. Ein erstes Treffen nach der UMK hat es dazu bereits gegeben, bestätigt das Agrarministerium von Mecklenburg-Vorpommern gegenüber top agrar. Zum Beginn der Weidesaison im Frühling 2024 soll die Neuregelung greifen, heißt es auch diese Woche wieder.
SH hat Wolf vorsorglich ins Jagdrecht aufgenommen
Schleswig-Holstein hat diese Woche per Landtagsbeschluss den Wolf ins Jagdrecht aufgenommen. Es ist das dritte Bundesland nach Sachsen und Niedersachsen. In geprüften Einzelfällen können damit sogenannte Problemwölfe nun rechtssicher entnommen werden. Am Schutzstatus des Wolfs ändert sich damit zunächst allerdings nichts. Die ganzjährige Schonzeit gilt auch weiterhin, betonte Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU). „Wir stellen damit sicher, dass bei Vorliegen einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung ein Wolf rechtssicher und in den bekannten jagdlichen Strukturen erlegt werden kann. Auch der Umgang mit schwerverletzten Wölfen ist nun geregelt“, sagte Schwarz.
Bayern bringt Entschließung im Bundesrat ein
Bayern hat bereits zum 1. Mai 2023 seine neue Wolfsverordnung in Kraft gesetzt. Es habe die vereinfachte Entnahme übergriffiger Wölfe dort bereits vorweggenommen, teilt das Bayerische Umweltministerium gegenüber top agrar mit. Mit dem Umweltministerbeschluss vom 1. Dezember ist der Freistaat allerdings weiterhin nicht zufrieden. An diesem Freitag will der Freistaat über den Bundesrat weiteren Druck für ein aktives Bestandsmanagement erzeugen. Es schlägt eine Entschließung mit folgenden drei wichtigsten Punkten vor:
- Über eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetz den Abschuss von Wölfen in begrenzten Ausnahmefällen im Rahmen des strengen EU-Schutzes aus der FFH-Richtlinie zu erlauben.
- Die Bundesregierung soll sich für die Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs durch Aufnahme des Wolfs in den Anhang V der FFH-Richtlinie bei der EU einsetzen.
- Außerdem soll sie alle Interpretationsspielräume ausschöpfen, um baldmöglichst einen günstigen Erhaltungszustand der Art Wolf in den biogeographischen Regionen Deutschlands festzustellen.
Wie viele Bundesländer sich der Entschließung anschließen und ob diese im Bundesrat eine Mehrheit bekommt, vermag das Umweltministerium aus München aktuell nicht zu sagen. So kurz nach der Umweltministerkonferenz ist jedoch nicht zu erwarten, dass sich eine Mehrheit der Länder Bayern anschließt und sie damit ihren Beschluss vom 1. Dezember gleich verschärfen.
EU-Vorschlag schon kommende Woche?
Der größte Hebel für Veränderungen liegt aktuell in der EU und die könnte diesen sogar dieses Jahr noch nutzen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich bereits im Sommer offen gezeigt, den Schutzstatus des Wolfes herabzusetzen. Ein Vorschlag der EU-Kommission könnte noch vor Weihnachten kommen, wird seit Tagen in Brüssel kolportiert. Bestätigt wird das von der EU-Kommission allerdings bisher nicht.
Um den Schutzstatus des Wolfes herabzusetzen, müsste die EU-Kommission vorschlagen, die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) zu ändern. Darin legt die EU den Schutzstatus von Pflanzen und Tieren fest. Die FFH-Richtlinie geht auf die sogenannte Berner Konvention „über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume“ zurück.
Im Anhang IV der FFH-Richtlinie listet die EU die Arten auf, die unter strengen Schutz fallen – so auch der Wolf. Danach sind „alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten“ verboten. Dieses Verbot gilt nicht für Arten, die im Anhang V der Richtlinie aufgeführt sind.
Würde die EU den Wolf den Anhang V der FFH-Richtlinie überführen, würden flexiblere Regeln zur Entnahme gelten. Diese müssen die Mitgliedstaaten jedoch dann auch anwenden. Die Vorbereitungen in den Bundesländern könnten dazu passen.