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Tierhaltung: Wissenschaftler drängen FDP zu ehrlicher Aussage zur Finanzierung

Die wissenschaftlichen Mitglieder der Borchert-Kommission springen ihrem Vorsitzenden bei. Sie verwehren sich gegen den Vorwurf der FDP, dieser sei parteilich und sage die Unwahrheit.

Lesezeit: 5 Minuten

Die wissenschaftlichen Mitglieder der Borchert-Kommission weisen die Kritik der FDP-Politiker aus Niedersachsen, Stefan Birkner und Gero Hocker, an ihrem Vorsitzenden Jochen Borchert in einem Brief zurück. Birkner, der Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Niedersachsen war und Hocker, der Agrarsprecher im Bundestag ist, hatten Borchert im Vorfeld der Niedersachsenwahl "unwahre Aussagen" und ein "durchschaubares Wahlkampfmanöver" im Sinne der CDU vorgeworfen.

„Beide Vorwürfe treffen nicht nur den Vorsitzenden des Kompetenznetzwerks, sondern das gesamte Netzwerk, denn Herr Borchert hat in dem besagten Interview die Positionen des gesamten Kompetenznetzwerks dargestellt. Wir weisen Ihre Vorwürfe entschieden zurück“, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem Brief an Birkner und Hocker, der top agrar vorliegt. Die FDP-Politiker hätten mit ihrem Brief „eine Grenze des angemessenen Umgangs mit Expertenkommissionen, die die Politik eingesetzt hat, überschritten“, heißt es weiter. Unterzeichnet haben den Brief die Professoren Harald Grethe, Folkhard Isermeyer, Ute Knierim, Jose Martinez und Achim Spiller.

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FDP bleibt weiter unklar bei Finanzierungsalternativen

Im Kern dreht sich die Auseinandersetzung zwischen der Borchert-Kommission und der FDP um Finanzierungsalternativen, die die laufenden Kosten für einen Umbau der Tierhaltung zu mehr Tierwohl auffangen sollen. Die Wissenschaftler bemängeln, dass die FDP mit ihrer Öffnung aus dem Sommer für eine „zweckgebundenen Tierwohlabgabe“ in Höhe von 40 Cent pro kg Fleisch nicht präzise ist. „Unseres Erachtens liegt Jochen Borchert mit seiner Einschätzung richtig, denn Ihre ‚Alternative‘ ist bisher nichts anderes als eine Worthülse, die Sie ohne inhaltliche Erläuterung in den Raum gestellt haben“, schreiben sie in ihrem Brief.

Hintergrund ist, dass die Machbarkeitsstudien, die nach Vorlage der Borchert-Vorschläge 2021 angefertigt worden waren, ergeben haben, dass eine solche zweckgebundene Sonderabgabe verfassungsrechtlich nicht möglich ist. Gleiches gilt für die Option eines abgabegespeisten, per Bundesgesetz eingerichteten und staatlich verwalteten Fonds.

In ihrem Brief rufen die Wissenschaftler die FDP nun zu einem ehrlichen Finanzierungsvorschlag auf: „Warum machen Sie nicht explizit, wie die von Ihnen vorgeschlagene ‚Abgabe‘ aussehen und verfassungsgemäß aufgebaut sein soll? Obwohl auch in dieser Legislaturperiode schon wieder viele Monate ins Land gegangen sind, gibt es bis heute von Ihnen keinen spezifizierten Alternativvorschlag zu den Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes“, schreiben sie.

Erneut verweisen die Wissenschaftler auf die Expertise, die die Kommission seit nunmehr drei Jahren erarbeitet hat. „Machbar wären eine Verbrauchssteuer sowie eine Ausnahme tierischer Produkte vom reduzierten Umsatzsteuersatz. Beides wurde vom Kompetenznetzwerk vorgeschlagen. Beides wird von Ihrer Partei bisher abgelehnt“, untermauern sie in ihrem Brief.

Wissenschaft drängt auf Konzept mit Verträgen

Zudem unterstreichen sie die Dringlichkeit für politische Entscheidungen zum Umbau der Tierhaltung. „Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass eine deutliche und flächendeckende Erhöhung des Tierwohlniveaus in der deutschen Nutztierhaltung dringend erforderlich ist. Um eine Aufgabe dieser Größenordnung zu stemmen, ist die Nutzung staatlicher Strukturen erforderlich – sowohl für die Finanzierung wie auch für die Zahlung von Tierwohlprämien“, heißt es.

Die Zusage der Ampel-Koalition von vergangenen Freitag, laut der das bereits beschlossene Budget von 1 Mrd. € für den Zeitraum 2023–2026 für Investitionen und laufende Tierwohlkosten benutzt werden darf, begrüßen die Wissenschaftler. Das sei „eine gute Möglichkeit, jetzt zügig in ein Modell solcher Tierwohlprämien einzusteigen“. Allerdings würde eine Tierwohlprämie, die nur für die Dauer einer Legislaturperiode gewährt wird, keine ausreichende Planungssicherheit für die Betriebe bieten, bemängeln sie. „Deshalb ist es wichtig, dass sich die Ampelkoalition nun auch darauf verständigt, diese Zahlungen den Betrieben im Rahmen langfristiger Verträge zu gewähren.“

Neue Arbeitsgemeinschaft für langfristige Finanzierung?

Derweil steht im Bundeskabinett heute das Gesetz zur Einführung einer Tierhaltungskennzeichnung für zunächst nur Schweinefleisch zur Abstimmung. Dabei ist klar, dass die bereitgestellte 1 Mrd. € weder für den langfristigen Umbau der Schweinehaltung auf höhere Haltungsstufen und schon gar nicht für die Ausweitung auf andere Tierarten reichen wird.

Die Bundesregierung stellt in Aussicht, dass eine neue Arbeitsgruppe sich bis Frühling 2023 zur langfristigen Finanzierung der Mehrkosten für Fleisch in höheren Haltungsstufen erneut austauschen will. Die Mitglieder der Borchert-Kommission sind nach Informationen von top agrar dazu bisher aber nicht angefragt.

Borchert-Kommission reicht Regierungsvorlage nicht

Dem Leiter des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, Jochen Borchert, reicht das nicht. „Kein Landwirt wird sich auf einen Umbau seiner Tierhaltung einlassen, solange die Finanzierung langfristig nicht gesichert ist“, sagte er gegenüber top agrar. Erst wenn die Bundesregierung Vorschläge für langfristige Verträge mache, die über die Legislaturperiode hinaus reichen, könne die Borchert-Kommission ihre Arbeit wieder aufnehmen, so Borchert weiter.

Die Kommission sei angetreten, den Umbau der Tierhaltung zu einem höheren Tierwohlniveau zu organisieren und langfristig zu finanzieren. Die jetzt vorangebrachte Haltungskennzeichnung hat für Borchert zunächst nichts damit zu tun. Aus seiner Sicht wird damit nur der Status Quo mit mehr Platz gekennzeichnet. „Das hat mit mehr Tierwohl nichts zu tun“, sagte Borchert.

Den Brief der Wissenschaftler zum Nachlesen gibt es hier.

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