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topplus Kälber ausreichend versorgen

Ad libitum-Tränke soll Kälber vitaler und leistungsstärker machen

Viel Milch am Anfang eines Kälberlebens sorgt für eine hohe Milchleistung in der späteren Laktation. Wir erklären, wie die ad libitum-Tränke funktioniert.

Lesezeit: 6 Minuten

Schnell gelesen:

- Ein unbegrenztes Milchangebot steigert die metabolische Programmierung. Durch eine ad libitum-Tränke sollen ­Kälber vitaler und leistungsstärker sein.

- 14 Liter Milch und mehr nehmen die Kälber pro Tag auf. Bei warmen Temperaturen ist das Ansäuern empfehlenswert.

- Immer mit Neugeborenen in die ad  ­libitum-Tränke einsteigen und keine ­restriktiv getränkten Kälber umstellen.

Hungrige Kälber saufen viel Milch in kurzer Zeit. Genau das ist der Nachteil der restriktiven Tränke. Denn: Die Milch gerinnt schlechter. „Bestenfalls bekommen die Kälber gar nicht erst Hunger und machen nie die Erfahrung, dass der Nuckeleimer leer ist“, sagt Dr. Luise Prokop von der Landwirtschaftskammer in Schleswig-Holstein. Das ist der Grundsatz der ad libitum-Tränke.

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Ad libitum kommt aus dem lateinischen und bedeutet übersetzt „nach Belieben“. „Kälber sollen jederzeit Milch trinken können, so viel sie möchten“, erklärt Prokop. Das ermöglicht den Tieren, mehrere kleine Mengen über den Tag verteilt aufzunehmen. In der Regel trinken sie 1 bis 1,5 l pro Besuch am Tränkeeimer und nehmen die Milch langsamer auf. Doch wie viel Milch brauchen Kälber bei diesem Tränkesystem täglich und wie setzt man die ad libitum-Tränke in der Praxis richtig um?

Gute Erstversorgung

Angefangen bei der Geburt ist – unabhängig von späteren Tränkemengen – eine zeitnahe und ausreichende Kolostrumgabe erforderlich. Ab der zweiten Mahlzeit startet das ad libitum-Prinzip: „Wir empfehlen zu Beginn etwa 4 l Milch pro Mahlzeit. Ab dem vierten Lebenstag sollten Landwirte auf zweimal täglich je 7 l erhöhen. Das reicht in der Regel aus, damit Kälber nie einen leeren Eimer haben“, so Luise Prokop. Wichtig: ad libitum ist tierindividuell. Rinderhalter sollten die Anfangsmenge daher zum Orientieren nutzen und die Milchmenge gegebenenfalls erhöhen.

Kälber sind anfällig für Eiweißschwankungen in der Milch, was sich in Form von Durchfall zeigen kann. „Vertränken Landwirte eine Mischung aus lieferbarer Vollmilch und Kolos­trum, sollte das Verhältnis deshalb nicht stark schwanken“, sagt Luise Prokop.

Kühlschrank oder Ansäuern?

Je nach Umgebungstemperatur empfiehlt die Beraterin, Vollmilch anzusäuern. Temperaturen von 10 °C und weniger gleichen denen eines Kühlschranks. Dort hält sich Milch problemlos für mehrere Stunden. Ist es wärmer, z. B. von Frühling bis Herbst, sollten Rinderhaltende flüssige oder pulverförmige Futtersäure zugeben, um die Keimvermehrung in der Milch zu hemmen. Ein Hinweis von Prokop: „Man muss die Säure genau dosieren. Denn gleichzeitig schmeckt auch die Milch saurer und die Akzeptanz der Kälber sinkt.“ Ideal ist ein pH-Wert von 5,5. Dann ist das Keimwachstum gehemmt und die Kälber trinken die Milch trotzdem gerne.

Auch Milchaustauscher eignen sich für die ad libitum-Tränke. Diese sind häufig angesäuert und bedürfen keines Zusatzes. Wichtig ist ein hochwertiger Austauscher mit hohem Anteil Magermilchpulver. „Im Vergleich zum Milchpreis ist guter Milchaustauscher oft teurer. Zudem ist Vollmilch gerade in den ersten zwei Lebenswochen die beste Variante für Kälber“, so die Expertin.

Ein weiteres Problem: Milchaustauscher entmischt, wenn die Milch kälter wird – zumindest teilweise. „Er ist für die restriktive Tränke und Tränkeautomaten konzipiert“, sagt Prokop. Dennoch gilt: Besser ad libitum als restriktiv Milchaustauscher vertränken.

Nie weniger als 1,5 Liter

Um Kälber nach einer unlimitierten Milchaufnahme abzutränken, ist das Reduzieren der Milch ab der vierten Woche möglich. Luise Prokop weiß, dass Abtränken maximaler Stress für Kälber ist. Daher empfiehlt sie, nie mehr als 2 l pro Woche zu reduzieren. Die Mindesttränkemenge kurz vor dem Absetzen beträgt 1,5 l pro Mahlzeit. Nehmen die Tiere weniger Milch auf, wird das gegenseitige Besaugen gefördert. Zu dem Zeitpunkt sollten die Jungtiere bereits Festfutter aufnehmen, etwa 1 kg pro Tag. Gut ist eine Tränkephase von zehn bis zwölf Wochen.

Möglicher Plan:

  • Tag 2–3: Kolostrum
  • Woche 1 – 4: ad libitum, ca. 2 x 7 l
  • Woche 5: 2 x 5 l
  • Woche 6–8: 2 x 4 l
  • Woche 9 und 10: 2 x 3 l
  • Woche 11: 2 x 1,5 l oder 1 x 3 l
  • Woche 12: abgesetzt, ohne Milch

Die Tränkemengen sind Richtwerte. Einzelne Kälber saufen bis zu 20 l täglich. „An Tränkeautomaten lässt sich das enorme Potenzial beobachten“, sagt Prokop. Betriebe können die Milchmenge während der ad libitum-Phase dort beispielsweise auf 25 l begrenzen. Eine unlimitierte Milchmenge lassen die Einstellungen in der Regel nicht zu. Das Abtränken ist für die Tiere am Tränkeautomaten angenehmer, da es linear möglich und langsam weniger Milch verfügbar ist.

Auch nach dem Wechsel in die Gruppenhaltung sollten Kälber ad libitum Milch bekommen. Sonst häufen sich Stressfaktoren und sie brechen in Leistung und Gesundheit ein. Tränkebecken mit mehreren Nuckeln eigenen sich nur bedingt, da ihr Fassungsvolumen oft zu klein ist. Verwenden Landwirte einzelne Nuckeleimer in Gruppen, muss immer in mehreren Milch drin sein.

Saubere Eimer!

Damit ad libitum erfolgreich funktioniert, sind Hygienemaßnahmen wichtiger als ohnehin schon. Die Milch ist für mehrere Stunden in Nuckeleimern. Sind diese dreckig, vermehren sich Keime sehr schnell. „Dieses Tränkesystem ist kein Allheilmittel und kann Defizite in Kolostrumversorgung, Haltung und mangelnde Hygiene nicht vollständig kompensieren“, so Prokop.

Im Winter dürfen die Nuckel nicht zufrieren. Kommen Kälber nicht an die Milch, funktioniert ad libitum nicht. Die Milch sollte dann kuhwarm bzw. Tankmilch nachträglich erhitzt bei den Kälbern ankommen.

Leistungsstarke Milchkühe

Entscheidende Vorteile von ad libitum:

  • Durch die gesteigerte Energie- und Nährstoffaufnahme wachsen Kälber besser und haben höhere Zunahmen.
  • In den ersten 40 Lebenstagen findet die Zellvermehrung statt. Das betrifft unter anderem die Euteranlage, Leber und Bauchspeicheldrüse. Was einmal angelegt ist, bleibt dem Tier ein Leben lang erhalten – die sogenannte meta­bolische Programmierung.
  • Je ausgeprägter die metabolische Programmierung, desto leistungsfähiger sind die Tiere später als Milchkuh.
  • Es entspricht der natürlichen Aufzucht, dass Kälber über den Tag verteilt beliebig viel Milch aufnehmen können.
  • Mit vier Wochen nehmen Jungtiere Festfutter in nennenswerter Menge auf.
  • Durch die intensive Aufzucht wechseln die Tiere früher zu einer günstigeren Jungviehration.
  • Das Erstbesamungs- und damit das Erstkalbealter ist niedriger.
  • Die Tiere geben früher Milch und bringen Geld.

Die Erfahrung der Beraterin: „Es Bedarf auch einer Umstellung im Kopf. Wer es wirklich will, schafft es. Dann kommen die Vorteile von ad libitum von allein.“

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