Für den Schutz alter Rassen und Sorten hat die Parlamentarische Staatssekretärin im BMEL, Dr. Ophelia Nick, geworben. „Wir haben heute Monotonie auf den Äckern und in den Wäldern“, konstatierte Nick beim Symposium „Genetische Vielfalt“ gestern in Berlin. Dabei sei Agrodiversität gerade im Agrarsektor die Grundlage für stabile Erträge und die Voraussetzung für erfolgreiche Züchtung. Der Erhalt der genetischen Ressourcen sei deshalb eine der Kernaufgaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
Andres: Alte Sorten „ungehobene Schätze“
Die BÖLW-Vorsitzende Tina Andres sieht in alten Sorten „ungehobene Schätze“, die bisher kaum genutzt wurden und die womöglich in Zukunft bei der Entwicklung besser an neue Bedingungen angepasster Pflanzen wichtige Eigenschaften beisteuern könnten. Sie wünscht sich deshalb eine deutliche Ausweitung der Erhaltungszucht und die verstärkte Vermarktung historischer und seltener Sorten. Vielfalt dürfe nicht nur auf den Blühstreifen beschränkt sein, sondern müsse für den ganzen Acker gelten, so die BÖLW-Vorsitzende.
Franck: Artenschutz braucht ökonomische Perspektive
Nach Auffassung der Vorsitzenden des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter, Stephanie Franck, darf man allerdings auch beim Artenschutz nicht die ökonomische Perspektive aus dem Blick verdienen. Nicht jede alte Sorte passe Die von ihrem Großvater gezüchtete Sorte „Dr. Francks Grannenabwerfende Imperialgerste“ stoße zwar bei lokalen Kleinbrauereien auf Begeisterung, eigne sich jedoch nicht für die Massenvermehrung.
Ein weiteres Problem sieht Franck im fehlenden Wissen, was die Potenziale der genetischen Ressourcen angeht. Um diese nutzen zu können, „müssen wir erst einmal ermitteln, welche Schätze wir da überhaupt haben“, verdeutlichte die BDP-Vorsitzende. Das sei umso wichtiger, da man als Züchter heute die Zuchtziele festlege für eine Sorte, die erst in zehn oder 20 Jahren am Markt sei. Die Pflanzenzucht müsse genauso wie die Landwirte selbst wissen, wie Landwirtschaft am Ende dieser Zeiträume aussehen soll. Hier sind Franck zufolge Politik und Wissenschaft gleichermaßen gefordert.
Feindt: Gesellschaft muss die Richtung vorgeben
Letzterer sind nach Auffassung des Berliner Agrarwissenschaftlers Prof. Peter H. Feindt allerdings in diesem Punkt die Hände gebunden. „Wissenschaft kann die Richtung nicht vorgeben“, betonte der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim BMEL. Das müsse im Kern die Gesellschaft tun. Die Agrarforschung könne ihren Beitrag bei den Zielbildprozessen tun, wie es im Rahmen der ZKL bereits geschehen sei. Aufgabe der Politik sei es, die Ergebnisse aufzugreifen und in entsprechende Rahmenbedingungen für Bauern und Züchter umzusetzen.
Lemke fordert internationales Artenschutzabkommen
Artenschutz steht auch im Mittelpunkt der 15. Weltnaturschutzkonferenz, die noch bis zu, 15. Dezember in Montreal stattfindet. Bundesumweltministerin Steffi Lemke die Notwendigkeit einer neuen globalen Vereinbarung zum Schutz der biologischen Vielfalt angemahnt. Die größte Herausforderung bestehe darin, ambitionierte und messbare Ziele für den Schutz, die Wiederherstellung und die nachhaltige Nutzung der Biodiversität und deren Umsetzung zu verabschieden sowie eine angemessene Finanzierung fest zu verankern, erklärte Lemke gestern vor Journalisten in Berlin.
Die neue Vereinbarung müsse den notwendigen Wandel einleiten, um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen und eine Trendumkehr einzuleiten, betonte die Ressortchefin. Ein Ziel sei das "30x30 Schutzgebietsziel", bei dem bis 2030 mindestens jeweils 30 % der Fläche an Land und im Meer unter Schutz gestellt werden sollen.