Die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen hat angekündigt, den Vorschlag zur EU-Pflanzenschutzverordnung (SUR, sutainable use regulation) zurückzuziehen. Von der Leyen gestand ein, dass es beim Pflanzenschutz eine „andere Vorgehensweise“ brauche.
„Ich werde meinen Kolleginnen und Kollegen in der Kommission daher vorschlagen, den Vorschlag zurückzuziehen“, sagte von der Leyen in einer Rede im Europaparlament in Straßburg am Dienstagvormittag.
Verhandlungen festgefahren
Eben jenes Europaparlament hatte dem SUR-Vorschlag der EU-Kommission bereits Ende November eine Absage erteilt. Auch im Rat der EU-Mitgliedstaaten „werden keine Fortschritte mehr erzielt“, so von der Leyen.
Rein formell verhandelten die Mitgliedstaaten trotz des Votums der EU-Parlamentarier weiter an der SUR. Ein Durchbruch gelang trotz vieler Anläufe bislang nicht. Die Vorbehalte vieler Mitgliedstaaten waren zu groß.
Landwirten besser zuhören
Unsere Landwirtinnen und Landwirte verdienen, dass wir ihnen gut zuhören. Ich weiß, dass sie sich Sorgen um die Zukunft des Agrarsektors und ihre Zukunft als Landwirte machen.
Die Landwirte wüssten selbst, dass sie nachhaltiger produzieren müssten, so von der Leyen. Sie wolle sicherstellen, „dass die Landwirte dabei das Steuer in der Hand haben“. Der von von der Leyen initiierte strategische Agrar-Dialog solle dabei helfen.
Von der Leyen kündigt stärkere Anreize für Naturschutz an
In ihrer Rede kehrt von der Leyen vom Ordnungsrecht in der Landwirtschaft ab: „Landwirte brauchen einen attraktiven wirtschaftlichen Anreiz für naturanreichernde Maßnahmen – vielleicht haben wir diese Gründe nicht überzeugend dargelegt.“
Sie bräuchten einen „echten Anreiz, der über den bloßen Ertragsausfall hinaus gehen sollte.“
Neuer Vorschlag soll kommen
Das Thema Pflanzenschutz sei „nicht vom Tisch“, so von der Leyen am Dienstag. Die Risiken der Verwendung chemischer Pflanzenschutzmittel zu verringern bleibe ein „legitimes Ziel“. Der SUR-Vorschlag hätte jedoch zu sehr polarisiert, so von der Leyen.
Die EU-Kommission werde einen „weitaus ausgereifteren Vorschlag vorlegen“. Der Vorschlag von Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides, vorangetrieben vom ehemaligen Vizepräsidenten der EU-Kommission Frans Timmermans war das aus von der Leyens Sicht offenbar nicht.
Weitere Wende nach dem Vorschlag zur Stilllegung
Vergangene Woche hatte von der Leyen bereits die EU-Regeln für die verpflichtende Stilllegung von 4 % (GLÖZ 8) mit einem neuen Vorschlag der Kommission abgeschwächt. Danach sollen Landwirte rückwirkend zum 1. Januar 2024 statt stillzulegen auf 7 % ihres Ackerlandes auch Leguminosen ohne chemischen Pflanzenschutz oder Zwischenfrüchte anbauen dürfen. Bei den Zwischenfrüchten soll allerdings ein Anrechnungsfaktor von 0,3 gelten, so dass sich die dafür nötige Fläche auf bis zu 23 % des Ackerlandes eines Betriebes erhöht.
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Bioland demonstriert draußen gegen Konzernprofite
Vor dem Parlament demonstriert Bioland derweil gegen die Deregulierungs-Absichten. Bioland-Präsident Jan Plagge kommentiert: „Die EU-Abgeordneten dürfen die Interessen der Bürger auf Wahlfreiheit und transparente Kennzeichnung nicht verraten. Die Debatte zeigt, dass es im Parlament kein Konzept für ein funktionierendes Miteinander gibt, keine Ehrlichkeit und Transparenz gegenüber den Verbrauchern und vor allem keinerlei rechtlichen Schutz vor der Durchpatentierung unserer Nahrungspflanzen."
Das Aktionsbündnis gentechnikfreie Landwirtschaft überreichte gegen Mittag an Martin Häusling (MdEP Die Grünen), Terry Reintke (MdEP Die Grünen) und Maria Noichl (MdEP SPD) eine auch von Bioland unterstützte WeAct Petition „Kennzeichnung und Regulierung aller Gentechnik-Pflanzen erhalten!“. Mehr als 92.000 Personen haben die Petition bislang unterzeichnet.