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Lassen sich alte Rinderrassen kostendeckend schützen?

Die Rinderhaltung in Europas größtem Tierpark für bedrohte Haus- und Nutztierrassen ist bislang nur durch Spenden und Parkeintritte kostendeckend. Das soll sich ändern.

Lesezeit: 7 Minuten

Auf 110 ha Fläche leben im Tierpark Arche Warder in Schleswig-Holstein etwa 1.200 Tiere aus 86 Rassen sowie sieben Wildtierarten. Das Ziel: Durch Zuchtprogramme sollen die Bestände der alten und vom Aussterben bedrohten Rassen wachsen. Der Park lebt von Besuchern und Spenden. Dazu gibt es Angebote für Schulklassen oder Kindergeburtstage. Denn die Einkünfte aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb machen nur einen Anteil von 3 % aus. Die restlichen Einkünfte stammen aus Eintrittsgeldern (26 %) sowie Spenden (71 %).

Schnell gelesen

- Die Arche Warder setzt sich für den ­Erhalt bedrohter Nutztierrassen ein.

- Die Rinderhaltung ist trotz Direkt­vermarktung noch nicht kostendeckend.

-Untersuchungen im Rahmen einer ­Masterarbeit haben gezeigt, dass ein ­Mindestpreis von 22 €/kg Fleisch ­kostendeckend wäre.

-Lohnende Vertriebskanäle wären der Hofladen, der Onlineshop und der bestehende Restaurant­betrieb.

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Damit sich die Tierhaltung selbst tragen kann, hat eine Masterarbeit Potenziale bei der Vermarktung aufgedeckt. Die Untersuchung hat sich mit der Wirtschaftlichkeit der Fleischerzeugung sowie praxisnahen Lösungen für eine bessere Vermarktung beschäftigt. Denn alte Rassen lassen sich nur erhalten, indem sie landwirtschaftlich genutzt werden. Die Verbraucher und die Vermarktung nehmen dabei eine Schlüsselrolle ein. Allerdings ist vielen Konsumenten diese Verantwortung zur Erhaltung der alten Rassen nicht bewusst. Gleich­zeitig ist der Gefährdungsstatus bei der Produktvermarktung ein Hindernis. Konsumenten erfassen Begriffe wie „vom Aussterben bedroht“ sowie „Erhalten durch Aufessen“ beim Einkauf Studien zufolge eher negativ.

Ist das wirtschaftlich?

Die Arche Warder hält 117 Rinder zwölf verschiedener Rinderrassen. Die Tiere leben in ganzjähriger extensiver Weidehaltung: Kälber stehen nach dem Absetzen mit acht bis elf Monaten in gemischten Herden. Dazu werden die meisten Bullen kastriert. Im Schnitt arbeiten in der Rinderherde zwei Angestellte: Ein Tierpfleger in Vollzeit sowie eine halbe Arbeitszeit des Revierleiters der Rinder und eine halbe Arbeitszeit des landwirtschaftlichen Helfers.

In der extensiven Weidehaltung rechnen Betriebe mit 700 bis 800 g Lebendmassezunahmen. Die Mastochsen der Arche Warder erreichen ihr Schlachtgewicht im Alter von zwei bis drei Jahren.

Die Rinder laufen auf ca. 82 ha Weideflächen, davon sind 15 ha im Besitz der Arche Warder. Die Pachtkosten liegen unter Berücksichtigung von Pachten sowie Pachtansatz für die eigenen Flächen im Schnitt bei 218 € je ha. Die Kosten für Dünger und Grassaat betragen 51 €/ha. Auch die Arbeitserledigungskosten für die extensiven Flächen fallen geringer aus, da keine intensive Schnittnutzung stattfindet und die Mitarbeiter nur wenige Weidearbeiten wie das Schleppen und Düngerstreuen erledigen müssen. Diese Kosten sind in den Positionen Personal- und Maschinenkosten berücksichtigt (siehe Übersicht 1). Als Einnahmen werden die Flächenprämien mit 277,70 € pro Hektar verbucht.

Durch die Zufütterung von Anfang November bis Ende März fallen weitere Kosten an. Die Grasballen liefern Landwirte aus der Umgebung. Die Kosten liegen nach 150 Tagen Zufütterung und einem Ballenpreis von 35 € bei 44.047,50 €. Hinzu kommen 1.458,56 € für Futterrüben und Lecksteine. Weitere Direktkosten sowie Arbeitserledigungskosten sind in Übersicht 1 zu finden.

Erlöse aus der Vermarktung

Das durchschnittliche Schlachtgewicht aus den letzten Jahren beträgt 267,89 kg. Durch die Schlachtausbeute von ca. 60 % verbleiben im Schnitt 160,70 kg für die Vermarktung und weiteren Verarbeitung.

Im Jahr 2020 vermarktete die Arche Warder acht Rinder: Fünf über die Zusammenarbeit mit dem Gut Manhagen und dem Online-Marktplatz „essbare-Landschaften“. Was daraus übrig war wurde zu Wurstwaren verarbeitet und im Hofladen oder in Edeka Märkten in der Umgebung verkauft. Zwei Rinder verkaufte die Arche Warder lebend an ein nahes Restaurant, das auch einen Bauernladen betreibt. Ein Tier veräußerte das Team über den Hofladen in Form von Einzelpaketen und Wurst.

Die Vermarktung über die Marktplattform essbare Landschaften er­-zielte einen Gewinn von insgesamt 1.363,68 €. Das Ergebnis berücksichtigst z. B. die Kosten für Schlachtung, Portionierung und Verarbeitung und den Transport mit dem Kühlwagen, allerdings nicht die Aufzuchtkosten. Beim Verkauf im Hofladen war der Gewinn mit 1.545,79 € etwas höher. Das liegt an den höheren Kilopreisen. Dafür sind bei diesem Absatzkanal die variablen Kosten für Zerlegung höher. Fand die Vermarktung über das Restaurant sowie den ­zugehörigen Bauernladen statt, lag der Gewinn bei 933,50 €. Hier erhält die Arche Warder pauschal 1.000 € pro Tier, dafür fallen auch keine Kosten für Schlachtung und Zerlegung etc. an.

Führt man die Aufzuchtkosten mit den Erlösen aus der Vermarktung zusammen, ergibt sich ein negatives kalku­latorisches Betriebszweigergebnis: Die Arche zahlt bei jedem Ochsen 1.048,93 € drauf. Dabei wurde ein Zukaufpreis von 1.000 € für einen 18 Monate alten ­Bullen angenommen. Pro verkauftem Rind – Zuchtfärsen, Fresser und Ochsen mit einbezogen – liegt das Ergebnis bei minus 1.156,44 €. Zum Vergleich: Auch die Mutterkuhhaltung in Schleswig-Holstein konnte im Jahr 2020 im Schnitt keinen Gewinn erwirtschaften. Für eine Kostendeckung muss der Preis pro kg Fleisch der Arche Warder heute bei 22 €/kg und in der konventionellen Mutterkuhhaltung bei rund 16 €/kg liegen (siehe Übersicht 2). Die Preise sind vergleichbar mit üblichen Marktpreisen in der Umgebung.

Drei Strategien

Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Tierhaltung so nicht rentabel ist. Um das Vermarktungskonzept zu verbessen, ist das Wissen um die Zielgruppen wichtig: An Wochenenden besuchen regelmäßig ca. 1 000 Gäste den Betrieb, wochentags etwa 300 Besucher. Das Besucheraufkommen ist stark abhängig von äußeren Umständen, z.B. dem Wetter und so schlecht planbar. Dabei kommen die Gäste hauptsächlich aus Schleswig-Holstein, die Unterstützer und Spender der Arche Warder aus dem ganzen Bundesgebiet. Einwohner aus dem Umkreis der Arche zählen in der Regel nicht zu den Kunden.

Um sowohl die Besucher, als auch die deutschlandweiten Unterstützer und die lokale Bevölkerung als Kundschaft zu gewinnen, wurden drei Stategien zur Vermarktung erarbeitet:

Fleischpakete: Durch das Angebot von Fleischpaketen soll es gelingen, alle Teilstücke zu vermarkten. Die Pakete sollen in 5 und 10 kg Größe angeboten und vor Ort sowie im Onlineshop zu bestellen sein.

Ausbau des Onlineshops: Viele der Unterstützenden leben nicht im direkten Einzugsgebiet, weswegen für diese Verbraucher eine Möglichkeit geschaffen werden sollte, die Produkte des Tierparks online zu bestellen. Bisher bietet der gut genutzte Onlineshop Fanartikel, Karten usw. an. Das ließe sich durch Rindfleischpakete und Einzelstücke erweitern. Bei der Preisfestsetzung ist der Aufwand für den Versand zu berücksichtigen.

Kommunikation im Farmrestaurant: Im Restaurant soll mehr kommuniziert werden, welchen Teil der Konsum des Fleisches zum Erhalt von Alten Nutztierrassen beiträgt. Eine Studie der Uni Kiel hat z. B. gezeigt, dass schon Speisekarteneinleger im Restaurant die Nachfrage nach Gerichten alter Gemüsesorten und Nutztierrassen steigen lassen. Dies soll das Farmrestaurant umsetzen.

Nutzt das Arche-Team diese drei Wege könnte die Vermarktung exemplarisch so aussehen: Von einem Rind mit einer Schlachtausbeute von 160 kg werden etwa 35 kg an Hackfleisch, Gulasch, Steaks und Braten für die Farmküche berücksichtigt, die durch die Weiterverarbeitung zu Gerichten wie Burgern, Steaks, usw. eine hohe Wertschöpfung erreichen. Die Farmküche zahlt 22,00 €/kg an die Arche. Weitere 30 kg Fleisch werden zu ca. 25 kg Wurstwaren, die über Onlineshop und Hofladen vermarket werden könnten, verarbeitet. Die Preise für die Wurstwaren bleiben bei 27,90 € pro Kilogramm. Zudem werden ca. 10 kg Einzelstücke wie Entrecote und Filet für 45,00 bis 50,00 € das Kilogramm über Onlineshop und Hofladen angeboten. Weitere Einzelstücke wie Rinderbraten, Rumpsteaks und Hüftsteaks werden bei Bedarf für 35 €/kg verkauft. Das restliche Fleisch wird in Fleischpakete gepackt, wobei pro Rind ca. 85 kg in 17 Fleischpaketen à 5 kg für 22,00 € vorgesehen sind. Bei kompletter Vermarktung ergäbe das einen Erlös von 3.812,50 €.

Bei Gesamtkosten für ein schlachtreifes Rind von 3.551,87 könnte die Arche mit optimierter Vermarktung einen Gewinn von 260,89 € pro Rind erzielen.

Dieser Beitrag basiert auf einer Masterarbeit von Johanna Kaak, Fachhochschule Kiel.

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