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Tierhaltung

Borchert-Kommission fordert Änderungen an Özdemirs Tierhaltungspolitik

Die Borchert-Kommission kritisiert die bisherigen Tierhaltungspläne der Ampel in vielen Punkten deutlich und drängt auf Änderungen. Die Bioverbände verlassen daraufhin den gefundenen Konsens.

Lesezeit: 5 Minuten

Die bisherigen Pläne der Ampel-Koalition zum Umbau der Tierhaltung lösen deutliche Kritik des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, die sogenannte Borchert-Kommission, aus. Das Netzwerk habe die Sorge, „dass die Chance für einen flächendeckenden Umbau der deutschen Nutztierhaltung verpasst wird“, schreibt das Gremium in einem aktualisierten Empfehlungsschreiben, das es in dieser Woche an Agrarminister Cem Özdemir übergeben hat. Trotz politischer Zusagen zeichne sich eine Umsetzung des 2020 veröffentlichten Konzeptes des Netzwerks zur Zukunft der Tierhaltung bisher nicht ab.

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In gleich mehreren Punkten kritisiert das Netzwerk einen Großteil der bisher bekannten Pläne von Grünen, SPD und FDP. Vor allem bemängelt die Kommission, dass eine Einigung auf eine schlüssige Finanzierung fehlt. Die gegenwärtig von der Bundesregierung vorgesehene Finanzierung von 1 Mrd. €, verteilt auf einen Zeitraum von 4 Jahren, sei zwar als Anschubfinanzierung begrüßenswert, bleibe aber weit hinter dem vom Kompetenznetzwerk sowie in der Machbarkeitsstudie und der Folgenabschätzung abgeschätzten Budget zurück. „Ein Umbau kann so nicht gelingen“, heißt es weiter. Vielmehr müsse das Mittelvolumen aufgestockt werden.

Mehrwertsteuererhöhung für laufende Kosten

Zudem vermisst das Kompetenznetzwerk einen Vorschlag, wie die laufenden Tierwohlkosten gedeckt werden sollen. Wenn es noch eine „politische Chance“ für eine Umsetzung in dieser Legislaturperiode geben soll, empfiehlt das Gremium die Finanzierung über eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes auf tierische Produkte. Dies berge einen geringeren administrativen Aufwand als die mengenbezogene Tierwohlabgabe, die die Kommission grundsätzlich auch weiter für eine Option hält.

Haltungskennzeichnung an LEH orientieren

Bei der Haltungskennzeichnung rät die Kommission der Bundesregierung davon ab, die von ihr bisher favorisierte Eierkennzeichnung von 0 bis 3 auf Fleisch zu übertragen. „Eine Nummerierung der verschiedenen Haltungsformen sollte nicht im Konflikt mit der Haltungsformkennzeichnung des Handels stehen – eine Ziffernreihenfolge von 0 (Bio/Premium) bis 3 (gesetzlicher Standard) würde im Nebeneinander mit der bei gutem Bekanntheitsgrad etablierten privatwirtschaftlichen Kennzeichnung von 1 (Stallhaltung) bis 4 (Premium) erhebliche Verwirrung unter Konsumentinnen und Konsumenten stiften“, schreibt die Kommission in ihren Empfehlungen.

Einstiegsstufe „Stall plus“ etablieren

Zudem fordert die Kommission die Regierung auf, eine Stufe „Stall plus“ oberhalb des gesetzlichen Mindeststandards auszuweisen, die deutliche Verbesserungen in bestehenden Stallsystemen (mehr Platz und mehr Beschäftigungsmaterial) sichtbar macht. Damit sollen die Betriebe, die bereits jetzt über die Initiative Tierwohl (ITW) in mehr Tierwohl investiert haben, mitgenommen werden. „Bei Nichtausweisung dieser Haltungsformen besteht die Gefahr, dass die hier mitwirkenden Betriebe wieder zum gesetzlichen Standard zurückkehren, was eine Erhöhung des Tierbesatzes in den betreffenden Ställen um ca. 10% zur Folge hätte“, schreibt das Netzwerk. Aktuell betroffen wären davon bereits 80% der Masthühner und Puten sowie 50% der Mastschweine, die diese höheren Anforderungen der Stufe 2 der Kennzeichnung des LEH erfüllen.

Höchste Stufe für bio und konventionell öffnen

Außerdem drängt das Gremium darauf, die höchste Haltungsstufe (Premium) an den Haltungskriterien des ökologischen Landbaus auszurichten, aber sowohl für ökologische wie auch für konventionelle Betriebe zugängig zu machen. Die Biobetriebe könnten ihre Ware dann zusätzlich durch das deutsche oder das EU-Biosiegel deutlich sichtbar machen.

Bioverbände brechen mit Borchert

Die Bioverbände hingegen beharren auf eine für sie allein reservierte Bio-Stufe und eine Haltungskennzeichnung nach dem System der Eierkennzeichnung von 0 bis 3. Als Konsequenz brechen sie den Konsens der breit getragenen Borchert-Kommission und tragen die neuen Empfehlungen nicht mit. „Gerade, weil ein zukunftsfähiges System in der Tierhaltung absolut drängt, können wir den aktuellen Vorstoß nicht mittragen“, begründet das Tina Andres, Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Zudem sind die Bioverbände nicht mit der Zwischenstufe „Stall plus“, die die ITW-Betriebe mitnehmen soll, einverstanden. Sie bemängeln das dort zulässige Platzangebot als zu gering und befürchten dass deswegen zu vielen Schweinen weiterhin die Schwänze abgeschnitten werden müssten, weil der Stall zu klein ist. „Das hat so wenig mit einem Umbau der Tierhaltung zu tun wie Kohle mit Energiewende“, sagt Andres.

Mehr Akzeptanz und Klimaschutz

Die übrigen Mitglieder der Kommission halten ihre Vorschläge für den Umbau der Tierhaltung weiterhin für eine große Chance auf eine Nutztierhaltung, die gesellschaftlich deutlich breitere Akzeptanz als bisher erfährt und deren Wettbewerbsfähigkeit dennoch erhalten bleibt. Auf Grund der implizierten Reduzierung der Bestandsgrößen und der Tierzahlen habe das Konzept auch Chancen für den Klimaschutz, heißt es in den Empfehlungen.

Bei Scheitern blieben nur Tierwohlnischen

Auch für den Fall, dass die Ampel-Koalition keine Einigung für eine Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung schafft, hat die Kommission einen Rat parat. Sie solle dies dann ebenso wie die daraus resultierenden Folgen ehrlich kommunizieren. „Tierwohlnischen könnten am Markt zwar ausgebaut werden, aber ein flächendeckender Umbau der Nutztierhaltung würde nicht erfolgen“, schreibt die Kommission.

Özdemir hält sich mit Bewertung bedeckt

Agrarminister Cem Özdemir hält sich indes mit einer Reaktion auf die Kritik bedeckt. Das BMEL prüfe, wie diese Vorschläge das gemeinsame Ziel des Umbaus der Tierhaltung bestmöglich voranbringen könnten, teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) lediglich bei Twitter mit.

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