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Wie Grüne und FDP in der Agrarpolitik zusammen kamen

Das Kapitel Landwirtschaft im Koalitionsvertrag trägt vor allem die Handschrift der Grünen und der FDP. Die Lücken zeigen, wo die Regierung künftig diskutieren wird.

Lesezeit: 5 Minuten

In den Tagen nach der Vorstellung des Koalitionsvertrages loben Agrarpolitiker und Verhandlungsführer der drei Ampel-Parteien die Vereinbarungen zur Landwirtschaft. Vor allem wie und ob Grüne und FDP beim Thema Landwirtschaft zusammen kommen, war im Vorfeld bezweifelt worden. Nun, wo das Ergebnis da ist, versuchen beide, Grüne und FDP, ihr Ergebnis als Aufbruch zu verkaufen.

„Wir haben nicht in Form von Gewinnern und Verlierern verhandelt“, sagt Carina Konrad, die für die FDP die Verhandlungen des Landwirtschaftskapitels leitete, gegenüber top agrar. Die Landwirtschaft bliebe mit dem neuen Koalitionsvertrag unternehmerisch, so Konrad weiter. Für sie setzen die Vereinbarungen zur Tierhaltung „Zukunftsimpulse“.

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Haltungskennzeichnung und Baurecht zuerst

Konrad verteidigt den Formelkompromiss von SPD, Grünen und FDP, der zur Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung noch vage bleibt. „Der erste Weg ist, dass wir die verbindliche Haltungskennzeichnung für alle Tierarten einführen und das Baurecht ändern“, sagt sie. Das habe es in Deutschland so noch nie gegeben.

Zur Finanzierung des Umbaus auf höhere Haltungsstufen verweist Konrad auf private Systeme. „Eine steuerliche Unterstützung war durch die Sondierungen ausgeschlossen“, gibt Konrad zu. Ihr bevorzugtes Modell ist der Vertragstierschutz.

Wir haben uns nicht festgelegt bei der Finanzierung. - Künast

Dass sich die Ampel auf kein eindeutiges Finanzierungsmodell für den Umbau der Tierhaltung geeinigt haben, gibt auch Renate Künast, die für die Grünen den Landwirtschaftsteil verhandelt hat, zu. „Wir haben uns nicht festgelegt bei der Finanzierung“, sagt sie gegenüber top agrar. Außer der Mehrwertsteuererhöhung, die die FDP nicht wolle, seien noch mehrere Modelle möglich, so Künast.

Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien die Finanzierungsfrage in folgenden komplizierten Satz gepackt: „Dafür streben wir an, ein durch Marktteilnehmer getragenes finanzielles System zu entwickeln, mit dessen Einnahmen zweckgebunden die laufenden Kosten landwirtschaftlicher Betriebe ausgeglichen und Investitionen gefördert werden, ohne den Handel bürokratisch zu belasten“.

Vor der Bundestagswahl hatten mehrere Machbarkeitsstudien den Umbau der Tierhaltung nach dem Borchert-Konzept beleuchtet. Danach hatten sich die Mehrwertsteuererhöhung für Fleisch, eine Verbrauchsteuer oder ein Tierwohl-Soli als machbare Finanzierungsarten für Tierwohlprämien herauskristallisiert. Von einem privaten Tierwohlfonds, der über eine Umlage gefüllt wird, hatte eine gesonderte Machbarkeitsstudie hingegen wegen zu hoher Bürokratiekosten abgeraten.

Sie können darauf setzen, ab 2022 führen wir eine verbindliche Haltungskennzeichnung ein. - Künast

Den gemeinsamen Nenner der Ampel bei der verpflichtenden Haltungskennzeichnung betont indes auch Künast. „Sie können darauf setzen, ab 2022 führen wir eine verbindliche Haltungskennzeichnung ein, in die auch die Gastronomie mit rein geht“, sagt sie. Beginnen will die Ampel, wie bereits die Vorgängerregierung, mit Kriterien für die Haltungskennzeichnung beim Schwein. Staatliche Investitionshilfen sollen nur auf die oberen Haltungsstufen konzentriert werden. Zudem stellt Künast eine eigene Stufe für die ökologische Tierhaltung in Aussicht.

Die EU-rechtlichen Schwierigkeiten, die die bisherige CDU-Landwirtschaftsministerin, Julia Klöckner, immer gegen eine verbindliche Haltungskennzeichnung ins Spiel gebracht hatte, sieht auch Künast. Doch sie hält diese für überwindbar. Weil das jedoch rechtlich schwierig ist, werde die Umsetzung der Haltungskennzeichnung wohl auch erst Ende 2022 frühestens stehen, räumt Künast ein.

Auch beim Pflanzenschutz wirkten insbesondere Grüne und FDP zu Beginn der Koalitionsverhandlungen weit auseinander. Im Ergebnis wollen die Koalitionäre den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln „auf das notwendige Maß beschränken“, den Wirkstoff Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt nehmen und die die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln transparenter und schneller machen.

Wir müssen uns dem Green-Deal stellen. - Konrad

In der Bilanz wollen sie sich den Ausbau des Ökolandbaus auf 30% der Fläche zu Nutze machen. „Wenn man mehr Ökolandbau macht, braucht man auch automatisch weniger Pflanzenschutzmittel“, sagt Konrad. Zudem müsse man sich dem EU-Green-Deal stellen, so Konrad. Dennoch würde die neue Koalition mit einer Stärkung von integriertem Pflanzenschutz und nicht-chemischen Alternativen sowie der Digitalisierung einen Pfad aufzeigen, so dass Landwirte auch Erträge erwirtschaften könnten, erklärt Konrad.

Grünen-Politikerin Künast legt schon jetzt beim laufenden Glyphosat-Wiederzulassungsverfahren Wert auf die Ampel-Vereinbarung, die die für die Zulassung nötigen wissenschaftlichen Studien transparent machen will. Sollte es zur Abstimmung in Brüssel darüber kommen, ob es eine Wiederzulassung für Glyphosat über 2023 hinaus gibt, müsse Ampel-Deutschland nun entweder dagegen stimmen oder sich enthalten, sagt sie.

Gemeinwohlprämie ab 2027 möglich

Zur Zukunft der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) hatten sich die Kaolitionäre sehr kurz gefasst. Dabei fällt sowohl der Start der neuen Agrarreform 2023 als auch der Startschuss für die nächste Reform ab 2027 voraussichtlich in die vierjährige Regierungszeit der Ampel von 2021 bis 2025. Kurzfristige Veränderungen an dem bereits mit den Stimmen der Ampel verabschiedeten Verordnungen zur Umsetzung der GAP in Deutschland, wird es wohl nur noch über die Bundesländer geben können.

Mitte der Legislatur wollen FDP, Grüne und SPD die GAP in Deutschland aber evaluieren und „im Sinne der Zielrerreichung“ anpassen. Das wäre dann wohl bereits im zweiten neuen GAP-Jahr 2024 der Fall. „Wir wollen 2024 nachbessern und das gleich mit dem Vorschlag für die Zeit nach 2027 auf EU-Ebene verbinden“, sagt Künast. Fest im Blick hätten die Grünen dann den Ersatz der Direktzahlungen durch eine Gemeinwohlprämie.

Wir halten eine Tür über die Forschung bei Biotechnologie geöffnet. - Konrad

Die zwischen Grünen und FDP konträre Haltung zu neuen Züchtungstechniken umschifft die Ampel nicht im Landwirtschaftskapitel, sondern im Forschungsteil. „Hier öffnen wir eine Tür, über die die Forschung bei Biotechnologie geöffnet bleibt“, sagt FDP-Politikerin Konrad. „Deutschland hat die Chance, zum international führenden Biotechnologie-Standort zu werden“, steht dort.

Im Anschluss wird allerdings nicht die Pflanzenzüchtung sondern auf den mRNA-Impfstoff aus Mainz gegen das Coronavirus verwiesen. “Damit ist eine Leitfunktion für die wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Biotechnologie verbunden“, heißt es weiter. Konrad wünscht sich, dass dies dann auch für die Pflanzenzüchtung gilt.

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