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Tönnies Zukunftsforum

Wird die Tierwohlmilliarde zum Ladenhüter?

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht kocht die Debatte um öffentliche Gelder für den Umbau der Tierhaltung. Doch ist das Thema Tierwohl bei Verbrauchern und Landwirten vielleicht bereits tot?

Lesezeit: 4 Minuten

„Wir stehen hinter unseren Landwirten und setzen bei Schweinefleisch auch in Zukunft auf den gesetzlichen Standard und die Initiative Tierwohl“, versicherte Geschäftsführer Clemens Tönnies seinen Lieferanten, auf dem Zukunftsforum Landwirtschaft, zu dem diese Woche rund 1.000 Landwirte nach Rheda-Wiedenbrück (NRW) gekommen waren.

Tönnies ist zuversichtlich, auch weiterhin große Mengen von konventionellen Fleischwaren absetzen zu können. Dabei sei auch der Markt in Osteuropa interessant, denn hier esse man schließlich noch „fette Wurst“.

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Fleisch aus höheren Haltungsstufen bleibt für den Unternehmer aus Westfalen eine Nische. Es sei unrealistisch die Produktion in den nächsten Jahren vollständig auf Haltungsstufe 3 bis 5 umzustellen, auch wenn der Lebensmitteleinzelhandel derzeit voranpresche, so Clemens Tönnies.

„Für Tierwohlfleisch gibt es im Augenblick kaum eine Nachfrage“, stellte er fest. Die hauseigenen Tierwohlprogramme seien momentan ausgelastet. Schweinemäster, die Interesse an einem Umbau in höhere Haltungsstufen hätten, können sich in eine Warteliste eintragen.

Höhe Hürden für bundesweite Fördergelder

Zuvor hatte Dr. Hinrich Snell, Leiter des Referats für den Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung des Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), die neue staatliche Haltungskennzeichnung vorgestellt. Diese umfasst die fünf Stufen „Stall“, „Stall+Platz“, „Frischluftstall“, „Auslauf/Weide“ und „Bio“.

Sie gilt zunächst nur für frisches Schweinefleisch und den Haltungsabschnitt der Mast. Ab August 2025 sollen Verbraucher das Label im Handel finden können. Bis 1. August 2024 müssen Schweinehalter nun ihre Bestände melden und bekommen dann eine Kennnummer mit der den Kriterien entsprechenden Haltungsform.

Flankierend dazu hat das BMEL ein bundesweites Förderprogramm für Tierwohlställe beschlossen. Am vergangenen Freitag (17.11.) wurden dafür Gelder in Höhe von insgesamt 1 Mrd. € von 2024 bis 2033 im Haushaltsplan entsperrt. Damit will der Bund die Landwirte sowohl bei den Investitionen als auch bei den laufenden Mehrkosten unterstützen.

Doch die Förderkriterien sind hoch. Gefördert werden sollen nur Um- bzw. Neubauten in den höheren Haltungsformen „Frischluftstall“, „Auslauf/Weide“ und „Bio“. Außerdem ist die Förderung an die Fläche gebunden. Der Tierbestand darf eine Grenze von 2 GV/ha nicht überschreiten. Ebenso müssen die Schweinehalter weitere Tierwohl-Kriterien erfüllen, zu denen u. a. ein intakter Ringelschwanz bei 70 % der Tiere gehört.

Umbau nur mit Vermarktungskonzept

Die anschließende Diskussionsrunde bewertete das Thema Tierwohl deshalb ernüchternd. „Nur weil Fördergelder vorhanden sind, baue ich nicht automatisch meinen Stall auf Stufe 3 oder höher um“, brachte es Hubertus Beringmeier, Veredlungspräsident des Deutschen Bauernverbands (DBV) und selbst Schweinehalter, auf den Punkt. Damit sich solche Investitionen rechnen, brauche es Vermarktungsprogramme mit einer Laufzeit von mindestens fünf Jahren­ – besser noch 10 oder 20 Jahre.

Besonders der verpflichtende Kupierverzicht sei derzeit nicht umzusetzen, wie die jüngsten Ergebnisse des bundesweiten Langschwanz-Projekts „KoVeSch“ zeigen würden. „Wir können nicht mit 50 % intakten Ringelschwänzen zufrieden sein, denn dabei bleiben immer noch 50 % verletzte übrig. Das ist tierschutzwidrig“, ärgerte sich Beringmeier.

Auch in den Augen von Dr. Thorsten Staack, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), sind die Fördergelder für den Großteil der Schweinehalter unerreichbar. „Vermutlich werden nur wenige Landwirte, mit bereits bestehenden Tierwohlställen, die Gelder mitnehmen“, so Staack. Auch er appellierte an die Bauern nur umzubauen, wenn eine entsprechende Vermarktung für das Tierwohlfleisch steht.

Zudem sieht er die zugesicherten Fördersummen auf wackeligen Beinen: „Die Förderung der laufenden Mehrkosten müssen Landwirte jedes Jahr neu beantragen. Wer garantiert, dass der Bund und eine eventuelle neue Regierung sie wirklich zehn Jahre lang auszahlt?“, fasste er die Unsicherheiten zusammen. Und mit mehr Geld sei aufgrund der aktuellen Haushaltsdebatte ohnehin nicht zu rechnen.

Klimafreundliches Fleisch als Alternative

Statt Tierwohl will Tönnies künftig auf den CO2-Fußabdruck als Qualitätssiegel für Fleisch setzen. Mit der neuen Initiative „Klimaplattform Fleisch“ will das Schlachtunternehmen die Klimaleistung der deutschen Landwirtschaft sichtbar machen und sich damit künftig vom ausländischen Markt abheben. Ziel ist eine Branchenlösung nach Vorbild der Initiative Tierwohl.

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