Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Gegen Resistenzen

Integrierter Pflanzenschutz nutzen, Wirkstoffe nicht verheizen!

​Nur mit dem Integrierten Pflanzenschutz ist es möglich, Wirkstoffe zu schützen und Bestände gesund zu halten. Diese vielfältigen Maßnahmen helfen.​

Lesezeit: 11 Minuten

Unser Autor: Prof. (i.R.) Dr. Klaus Schlüter, ehemals Fachhochschule Kiel

Bislang setzte man in der Praxis gegen Krankheiten fast ausschließlich auf drei fungizide Wirkstoffgruppen, die mit höchster Intensität genutzt wurden: Triazole, Carboxamide und Strobilurine. Das förderte Resistenzen der Schadpilze, teilweise bis zur Wirkungslosigkeit. Ein Anti-Resistenz-Management gestaltete sich wegen fehlender neuer Wirkmechanismen immer schwieriger – bis jetzt.

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Mit dem Wirkstoff Inatreq, der zur chemischen Gruppe der Picolinamide gehört, gibt es seit kurzem einen neuen Wirkmechanismus. Es gilt nun, ihn so lange wie möglich vor Resistenzen zu schützen. Gelingen kann das am besten über Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes (IPS). Dieser ist seit Jahrzehnten die rechtliche Grundlage der „Guten fachlichen Praxis“ (GFP) in Deutschland und Bestandteil des europäischen Pflanzenschutzrechtes. Sein wesentliches Ziel besteht darin, durch angepasste Methoden einen Schaden möglichst unwahrscheinlich zu machen und Pflanzenschutzmittel nur flankierend zu nutzen. Ihr Einsatz ist dabei die Kür, nicht die Pflicht. Mit dem IPS kann es gelingen,

  • den Ausgangsbefall so niedrig wie möglich zu halten,
  • die epidemische Vermehrung von Krankheiten zu verhindern oder zu verlangsamen,
  • Fungizide nur gezielt und weniger häufig nutzen zu müssen und
  • ein Anti-Resistenz-Management fest einzuplanen.

Schnell gelesen

Um die Leistung der Fungizide zu schützen, ist es wichtig, Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes im Betrieb umzusetzen.

Angepasste Fruchtfolgen und ein verbessertes Stoppelmanagement senken die Infektionsgefahr deutlich.

Der Anbau von gesunden Sorten ist ein wesentlicher Bestandteil des IPS.

Wer spät sät, senkt den Befallsdruck mit Pilzkrankheiten und Blattläusen als Virusüberträger enorm.

Weizen ist permanent bedroht

Das ist insbesondere für Weizen wichtig, der nach wie vor die tragende Säule von Grundnahrungs- und Futtermitteln ist. Diese Kultur macht fast 50 % der EU-Getreideernte aus. Somit sind in Europa auch große Anbauflächen vorhanden, auf denen sich Schaderreger intensiv vermehren können. Damit entsteht ein dauerhafter, hoher Befallsdruck, der die Ertragssicherheit gefährdet.

Verantwortlich dafür sind vor allem die Septoria-Blattdürre (Zymoseptoria tritici), Gelbrost (Puccinia striiformis) und Braunrost (Puccinia triticina). Allen ist gemeinsam, dass sie im Laufe des Jahres durch flugfähige Sporen weit­räumig verbreitet werden und sich nach dem Ausgangsbefall in den Beständen schnell epidemisch vermehren können. Dabei haben die Erreger unterschiedliche Ansprüche an die Witterung.

  • Weizenblattdürre: Befallsfördernd wirkt feuchte Witterung im Frühjahr und Frühsommer. Trockene Frühsommerwochen führen dagegen zum Entwicklungsstillstand, selbst bei starkem Ausgangsbefall wie im Frühjahr 2023.
  • Gelbrost und Braunrost: Hochdruckwetterlagen mit nächtlichem Tau und sonnigen Tagen fördern die massenhafte Ausbreitung. Langanhaltendes Regenwetter ist für Rostpilze dagegen hemmend.

Generell begünstigt eine milde Witterung im Herbst und Winter den Ausgangsbefall vieler Pilzkrankheiten in den Hochertragsregionen mit Frühsaaten. Wintergetreide leidet deshalb sehr viel stärker unter Krankheiten als Sommergetreide.

Die Klimaveränderung mit immer wärmeren Wintern fördert den lang anhaltenden hohen Infektionsdruck zusätzlich. Dass Fungizide allein den Befall mindern können, hat sich bereits als falsche Annahme erwiesen. Stattdessen treten vermehrt Resistenzen auf.

Was kann die ­Fruchtfolge leisten?

Die Fruchtfolgegestaltung im Einzelbetrieb kann bei den wichtigsten Blattkrankheiten des Weizens wie Blattdürre, Echten Mehltau, Gelb- und Braunrost nicht dazu beitragen, den Befall zu mindern. Denn diese Erreger werden weiträumig mit dem Wind verbreitet und können immer auftreten. Erst, wenn in Nordwesteuropa eine größere Vielfalt von Ackerkulturen angebaut wird, die einzelnen Arten eine geringere Flächen umfassen und mehr Sommergetreide auf den Äckern steht, könnte der Befallsdruck nachlassen.

Im Gegensatz zu den meisten Blattkrankheiten können jedoch erweiterte Fruchtfolgen den Befallsdruck der Halmbasiskrankheiten, Schwarzbeinigkeit, Fusarien und DTR deutlich verringern. Bei längerem Anbauabstand des Weizens werden die Dauerformen der standorttreuen Krankheitserreger durch die biologische Aktivität des Bodens zurückgedrängt. Dabei gilt: Je größer die Anzahl der Fruchtfolgeglieder, umso besser ist die Wirkung. Ideal wären mindestens siebengliedrige Fruchtfolgen mit Winter- und Sommerkulturen.

Nach EU-Vorgaben müssen ab 2030 im Ackerbaubetrieb mindestens fünf verschiedene Kulturen – einschließlich der Zwischenfrüchte und Gründüngung – in der Fruchtfolge stehen. Damit wird zwangsläufig eine Auflockerung bewirkt. Für eine weitergehende Bereicherung der Fruchtfolgen besteht aber dringender Bedarf an „neuen“ Ackerfrüchten, die vom Markt zu angemessenen Preisen aufgenommen werden.

Gesunde Sorten als ­zentrales Element

Auch wenn oft geglaubt wird, dass gesunde Sorten nicht den höchsten Kornertrag liefern, so sind sie ökonomisch fast immer überlegen: Durch den geringeren Fungizidaufwand im Vergleich zu anfälligen Hochertragssorten ist der Deckungsbeitrag meistens genauso hoch oder sogar höher. Und noch viel wichtiger: Mit diesen Sorten kann der Fungizideinsatz gezielter und seltener erfolgen – das ist die beste Maßnahme zum Schutz vor weiteren Resistenzen.

Da sich Pilzkrankheiten im Laufe der Zeit an die Resistenzgene der Kulturpflanzen anpassen, kann eine gesunde Sorte nach einiger Zeit wieder von der Krankheit befallen werden, gegen die sie einst resistent war. Für die Sortenwahl heißt das: Einerseits sollte man immer auf der Basis der Anbauversuche der Landwirtschaftskammern und -ämter die aktuell gesündesten Sorten auswählen. Andererseits empfiehlt sich, nicht nur eine einzige gesunde Sorte, sondern möglichst viele verschiedene mit unterschiedlichen Resistenzeigenschaften in einer Region anzubauen.

Für gesunde Sorten reicht oft ein flankierender Fungizidschutz. Das „volle Programm“ ist völlig unnötig. Das zeigte bereits 2015 ein Exaktversuch vom Lindenhof-Versuchsfeld der Fachhochschule Kiel in Ostenfeld bei Rendsburg. Mildes Wetter mit reichlich Regen in Norddeutschland sorgte über viele Monate für einen extremen Befallsdruck mit Weizenblattdürre, aber auch für außergewöhnlich hohe Erträge. Den Befall mit Blattdürre, die grüne Blattmasse und die Erträge unbehandelter (nur Wachstumsregler) und behandelter Hochertragssorten im Vergleich zu neueren gesunden Zuchtstämmen zeigt Übersicht 1: Die gesunden Weizenstämme lieferten bereits ohne Fungizide einen sehr hohen Ertrag und der dreimalige Fungizideinsatz war nicht notwendig

Saatzeiten als Hebel nutzen

Eine herausragende Rolle beim IPS im Weizen spielt die Saatzeit, wenngleich die Praxis dies nach wie vor kritisch sieht. Natürlich muss man die Nerven behalten, wenn man als Ackerbaubetrieb mit knappen Arbeitskräften trotz großer Schlagkraft bei schönstem Septemberwetter mit der Aussaat warten soll, bis der Oktober gekommen ist. Dieser präsentiert sich – gerade in den norddeutschen Getreideanbauregionen – nicht immer mit goldenen Tagen und idealen Aussaatbedingungen.

Allerdings gilt: Je früher gesät wird, umso höher ist der Befallsdruck mit Pilzkrankheiten und Blattläusen als Virusüberträger. Außerdem profitieren Ungräser massiv von den idealen Bedingungen und entwickeln sich meist prächtig. Deshalb muss bei Wintergetreide die Spätsaat gesunder Sorten eine immer größere Rolle spielen – genau das ist Integrierter Pflanzenschutz! Sprechen betriebliche Gründe dagegen, bleibt das meist völlig unterschätzte Sommergetreide die einzige Alternative.

Jahrelange Erfahrung und zahlreiche Versuchsergebnisse zeigen, dass Spätsaaten deutlich gesünder in den Winter gehen als Frühsaaten . Und hier liegen die Chancen für ein optimales Anti-Resistenz-Management mit Fungiziden: Gesunde Sorten, die zudem später gedrillt werden, kann man mit einem deutlich geringeren Fungizidaufwand zu sicheren Erträgen führen. Da die Pilzpopulation viel kleiner ist als die in einer krankheitsanfälligen Sorte, überlebt dabei auch nur ein viel geringerer Anteil, der zur Resistenzbildung befähigt ist. Damit steigen die Chancen erheblich, die Wirksamkeit der verfügbaren Fungizide noch lange erhalten zu können.

So verbessern Sie ihr Stoppel­management

Viele wichtige Krankheitserreger sind in der Lage, auf Pflanzenresten zu überleben und diese als Nahrung zu nutzen. So kommt es vor allem auf langsam verrottendem Stroh und Stoppeln zur Bildung von Vermehrungsorganen. Dabei entstehen viele Sporen, die vom Wind über weite Strecken transportiert werden und zur Infektion gesunder Bestände führen. Es können auch Fruchtkörper gebildet werden, in denen Sporen für die Verbreitung sowohl im Nahbereich als auch über den Wind entstehen. Im Weizen spielt das z. B. bei Weizenblattdürre, DTR und Fusarium­arten eine wichtige Rolle.

Um den Befallsdruck zu senken, gilt es, die Stoppelrotte deutlich zu verbessern – sowohl bei pfluglosen Anbauverfahren als auch beim Pflügen. Anders als oft gedacht, bedeuten untergepflügte Erntereste nicht automatisch, dass damit die krank machenden Pflanzenreste auf alle Zeit verschwunden sind. Gerade auf schweren Böden hemmt der Luftabschluss die mikrobielle Zersetzung von Pflanzenresten. So können Schadpilze darauf überleben. Pflügt man diese wieder an die Oberfläche, sorgen sie für neuen Befallsdruck. Die Folgekultur wird deshalb direkt infiziert (wie bei der Schwarzbeinigkeit) oder der Wind trägt Sporen auf andere Flächen.

Der Zeitraum und vor allem die Witterung sind für ein gutes Stoppelmanagement meistens sehr ungünstig. Oft ist es nach der Ernte viel zu trocken, als dass eine Rotte beginnen könnte. Zusätzlich verkürzt die geplante Bestellung der Folgekultur den notwendigen Zeitraum für das Stoppelmanagement. Wer aber mit der Getreideaussaat bis Anfang/Mitte Oktober wartet, verlängert die Zeit für die Stoppelbearbeitung erheblich. Dabei steigt natürlich das Risiko einer Schlechtwetterphase, sodass man sich bislang immer wieder für frühe Aussaaten entschied. Die Frühsaaten können zukünftig aber nicht mehr gesund gehalten werden und gehen außerdem in Ungräsern unter.

Mehr Sommerkulturen, erholte Ackerböden

Auch mit dem Anbau von Sommerkulturen verbessern Sie das Stoppelmanagement: Durch die zeitliche Unterbrechung reißen Infektionsketten auf dem Acker ab. Zudem können Ungrassamen bis zum Frühjahr keimen und durch mehrfaches Striegeln zerstört werden. Ackerbohnen haben als Sommerung bereits den Anfang gemacht, andere Leguminosen sind zwar verfügbar, haben aber noch keinen Markt. Die Nachfrage nach Hafer steigt kontinuierlich an, sodass diese alte Kulturpflanze einen neuen Platz innerhalb der Anbausysteme verdient. In Kooperation mit Futterbaubetrieben ist auch die Einbindung von Ackergras oder Kleegras machbar und sorgt für eine wirksame Erholung belasteter Ackerböden.

In der Stoppelbearbeitung sind Silo- und Körnermais noch immer die absoluten Sorgenkinder. Denn nach wie vor bleiben viele Maisäcker nach der Ernte unberührt. Die harten und langlebigen Stoppeln bieten einen perfekten Überlebensraum: Fusarium-Arten, aber auch Pilzkrankheiten des Blattapparates überdauern auf den Ernteresten, die Larven des Maiszünslers im Inneren des Stängels.

Mit moderner Technik ist es heute leichter als je zuvor, die Maisstoppeln nach der Ernte so aufzubrechen, dass sie leichter verrotten können. Mit Grasuntersaat tut man dem Boden Gutes und fördert die Verrottung. Maiszünsler und Pilzkrankheiten geht die Nahrung aus, wenn die Stoppeln bis zum Frühjahr verschwinden.

Mais und vor allem Weizen stehen in einer unheilvollen Wechselwirkung wegen des Auftretens von Fusariumarten. Auch wenn diese oft keine sichtbaren Symptome verursachen, so können Fusarien die Maissilage durch Toxine erheblich belasten und einen hohen Befallsdruck auf Getreideähren auslösen. Hoch problematisch ist Weizen, der direkt nach Mais angebaut wird. Insbesondere bei pflugloser Bestellung ist der Infektionsweg kurz und der Befallsdruck sehr hoch. Da Fusarien auch im Boden überdauern, ist das Pflügen nach Mais vor Weizen keine dauerhafte Versicherung für gesunde Bestände – hier muss die Fruchtfolge optimiert werden.

Ein weiterer Aspekt ist die Intensivierung der mikrobiellen Aktivität des Bodens. Dieses Ziel lässt sich durch den Einsatz von Qualitätskompost erreichen. Leicht zersetzbare organische Substanz aus Gründüngung ist ebenfalls sehr hilfreich. Bislang fehlen Präparate auf Basis von Bodenbakterien, die per Spritzung auf den Stoppeln ausgebracht werden und die Rotte fördern. Hier ist die angewandte Agrarforschung gefordert, neue Wege zur Gesunderhaltung unserer Ackerfrüchte zu beschreiten!

Mit Fungiziden den Ertrag sichern

Wichtig ist ein durchdachter Einsatz von Fungiziden, um sie möglichst lange vor weiterer Resistenzbildung zu schützen und ihre Wirkung zu erhalten. Dabei helfen Wirkstoffwechsel, sinnvolle Aufwandmengen und möglichst wenige Behandlungen.

Bedenken Sie, dass mit Inatreq erstmals seit 20 Jahren ein völlig neuer Mechanismus auf den Markt gekommen ist. Weitere neue Fungizide sind für die EU nicht in Sicht. Zudem soll bis 2030 die ausgebrachte Pflanzenschutzmittelmenge um 50 % reduziert werden. Deshalb muss bereits jetzt der Strategiewechsel eingeleitet werden: Wir müssen das Anbausystem verändern und nicht alte Fehler wiederholen.

Fazit

Um die Ertragssicherheit im Getreidebau – vor allem im Weizen – langfristig zu sichern, ist ein Umdenken erforderlich. Erweiterte Fruchtfolgen, verstärkte Nutzung von Sommerkulturen, verbesserte Stoppelbearbeitung und Intensivierung des Bodenlebens stellen wertvolle Elemente des Ackerbaus dar. Immer wichtiger werden Sorten mit guter Krankheitsresistenz, denn sie senken die Befallswahrscheinlichkeit für wichtige Pilzkrankheiten massiv.

So ist ein verringerter Fungizideinsatz möglich, um die wenigen verbleibenden Wirkstoffe zu erhalten. Dennoch wird sich das Spektrum zugelassener Wirkstoffe auf Dauer weiter verkleinern. Eine ausgefeilte Anti-Resistenz-Strategie mit Azolen, Carboxamiden und Strobilurinen unter Einbindung des neuen Wirkmechanismus von Inatreq in blattgesunden Sorten bei möglichst geringer Anzahl von Behandlungen bietet dabei eine solide Grundlage.

Mehr zu dem Thema

top + Schnupperabo: 3 Monate für 9,90 € testen

Alle wichtigen Infos zur Maissaussaat 2024 | Tagesaktuelle Nachrichten, Preis- & Marktdaten

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.