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Agrardiesel und Co.

Bauernproteste: Wacht Berlin endlich auf?

Seit Mitte Dezember demonstrieren die Landwirte deutschlandweit und es geht längst um mehr als den Agrardiesel. „Berlin muss sich endlich bewegen“, meint top agrar-Redakteurin Friederike Mund.​​

Lesezeit: 4 Minuten

Die Aktionswoche der landwirtschaftlichen Proteste scheint ein voller Erfolg zu sein. Oft reihen sich Lkw in die Demo-Fahrten, auch inzwischen teils sogar Handwerker und Fischer. Die Polizei lobt die Organisation überwiegend.

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Reicht es dann nicht auch mal mit den Protesten, mit Treckern auf der Straße? Schließlich pusten die titanischen Fahrzeuge, wie sie beispielsweise bei der Süddeutschen Zeitung bezeichnet werden, jede Menge CO2 in die Luft. Und immerhin hatte die Politik die Kürzungen bei Agrardiesel und Kfz-Steuer doch zumindest teilweise zurückgenommen. Mit der Bevölkerung sollte man es sich auch nicht verscherzen, die bislang noch hinter den Demos steht.

Dass es allein durch die fehlende Agrardiesel-Rückerstattung zum großen Höfesterben in Deutschland kommt (auch wenn es für viele Betriebe ein teils großer Einschnitt ist), ist eher unwahrscheinlich, inzwischen haben sich einige Agrarökonomen gegen diese „gestrige“ Regelung ausgesprochen.

Scholz bleibt bei hanseatischer Sturheit

Dennoch: Protest muss sein. Denn auch, wenn viele Agrarminister und z.B. Niedersachsens Ministerpräsident Weil die dicke Luft der Landwirte verstehen können, so hat die Berliner Regierung den Ernst der Lage nicht erkannt. Während Bundeskanzler Olaf Scholz in sturer hanseatischer Art an seinem Entschluss festhält, ist längst klar: Es geht um mehr, als nur die Agrardiesel-Rückerstattung. Dieses Thema hat nun das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht.

Zu viel auf einmal soll die Landwirtschaft tragen

Erstens geht es um die Summe der Maßnahmen, die die landwirtschaftlichen Betriebe tragen müssen – von jetzt auf gleich. Neben dem GAP-Zwang, 4% meist produktiver Ackerfläche stilllegen zu müssen, kommen u.a. geplante Steuererhöhungen (CO2-Steuer, Agrardiesel), der Pauschalierungssatz soll gesenkt werden, dieses Jahr steigt wieder der Mindestlohn und entgegen jeder Digitalisierungsstrategie nimmt die Bürokratie weiterhin zu.

Warum z.B. müssen Geflügelbetriebe ihre Tierbestandszahlen an fünf unterschiedliche Stellen melden? Wegen dem Datenschutz. Arbeit ohne Ende. Der Gewinn, der dann jährlich nach Steuern den Betrieben und ihren Familien bleibt, schwindet dahin.

Zu viel über und zu wenig mit Landwirtschaft geredet

Zweitens geht es um Kommunikation. So richtig gut ist die Landwirtschaft während – und vor – der Zeit der Ampel-Koalition nicht weg gekommen, zu viel wurde und wird kurzfristig über die Köpfe der Praktiker hinwegentschieden. Angefangen beim Wolfsmanagement, über die Moorwiedervernässung und der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, bis hin zur Düngung und der Tierwohlkennzeichnung.

Und während es einigermaßen gangbar Wege für eine künftige Agrarpolitik gebe, z.B. aus den Ergebnissen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), lässt das Berliner-Dreier-Bündnis diese Ideen liegen. Bundesagrarminister Cem Özdemir schlägt mittlerweile eine Tierwohlabgabe vor.

Wo bleibt die Wertschätzung für Land und Landwirte?

Drittens geht es um den Eindruck, dass die Politiker in ihrer Berliner Blase schalten und walten, ohne Rücksicht auf den Mittelstand, der seinen Anteil zum Steuereinkommen leistet. Dazu gehören auch die landwirtschaftlichen Betriebe, die einen Teil ihrer Gewinne wieder in das ländliche Umwelt investiert.

Laut Statistik wohnen zwar nur noch gut 23% der Deutschen „auf dem Land“. Doch dort und teils am Rande der Ballungsgebiete wirken sich viele Entscheidungen der Ampel am Stärksten aus. Und Landwirtsfamilien sind nicht nur eine tragende Säule in der Wirtschaft (Steuern!), sondern auch im Ehrenamt wie Feuerwehr, Kirche usw. Nun kommt das Land in die Stadt und die Städter wundern sich...

Ehrlicher Diskurs notwendig

Notwendig ist jetzt ein ehrlicher Diskurs auf Augenhöhe. Mit Verständnis für die landwirtschaftlichen Probleme, einem Kurs entgegen der fehlgeleiteten Agrarpolitik der letzten Jahre und einem Bezug zur Basis.

Dass im Haushalt des Bundes gespart werden muss, können auch die Landwirte nicht verhindern. Eine faire Umverteilung von Kürzungen auf die gesamte Bevölkerung würde das ganze hingegen etwas abfedern.

So lange aber Berlin schläft, Bundeskanzler Scholz prinzipientreu auf Beschlüssen besteht und sich auch Bundespräsident Steinmeier nicht positioniert, werden die Proteste weitergehen.

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