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topplus Mehr Milch vom Grünland

Die Klimakritik an der Milchbranche geht oft zu weit

Wir brauchen Rinder in der Landwirtschaft. Nicht zuletzt, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Was es dabei noch zu tun gibt, darum ging es bei der top agrar-Veranstaltung "Landwirtschaft im Dialog".

Lesezeit: 5 Minuten

„Milchviehhaltung ist eine Antwort auf die Klimakrise. Wir müssen sie nur in Balance mit der Klimawirkung bekommen“, sagte Prof. Dr. Wilhelm Windisch in seinem Eingangsstatement der Veranstaltung Landwirtschaft im Dialog.

Thema der Diskussionsveranstaltung in Berlin war, dass Milch in öffentlichen Diskussionen häufig eine besonders negative Klimabilanz nachgesagt wird. Milchalternativen gelten als klimafreundlicher und oft auch gesünder. Aber ist das wirklich so?

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Synergieeffekte für eine Kreislaufwirtschaft nutzen

„Die Erzeugung tierischer Lebensmittel muss im Gleichgewicht zur Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln stehen“, brachte es der Wissenschaftler von der TU München auf den Punkt. Erst dann können die Synergien für eine Kreislaufwirtschaft richtig genutzt werden.

Die Relevanz des Milchsektors in Deutschland hob auch die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Ophelia Nick in ihrem Impulsvortrag hervor: „Die Milcherzeugung ist der wichtigste Produktionszweig der deutschen Landwirtschaft und die Molkereiwirtschaft ist die größte Branche der deutschen Ernährungsindustrie.“ Dennoch haben Milchkühe eine große Klimawirkung, weshalb sich die Politik verschrieben habe, mehr Nachhaltigkeit zu fördern. Der Anfang März veröffentlichte 4-Punkte-Plan des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) soll unter anderem dazu beitragen.

„Die Milcherzeugung ist der wichtigste Produktionszweig der deutschen Landwirtschaft". - Dr. Ophelia Nick

Auch Prof. Dr. Wilhelm Windisch betonte, dass 7 % der in Deutschland verursachten Treibhausgasemissionen von Wiederkäuern stammen: „Das müssen wir ernst nehmen und Reduzierungen vornehmen“, sagte er. „Wir müssen Prioritäten bei der Landnutzung setzen“, betonte er und erklärte, dass die Weltbevölkerung wächst, weltweit aber Flächenversiegelung stattfindet und immer weniger landwirtschaftliche Nutzfläche zur Verfügung steht.

„Teller, Trog, Tank“, lautete seine Devise, wozu auch die Verwertung von Gülle in Biogasanlagen zählt. „Wir müssen Biomasse zu 100 % nutzen“, saget er. Eine entscheidende Rolle dabei spiele vor allem das Grünland, das immerhin 20 % der Biomasse Deutschlands ausmache. Nur Rinder könnten diese verwerten und seien daher unersetzlich in der Landwirtschaft.

„Rinder sind super“, sagte auch Martin Hofstetter von Greenpeace, der selbst gelernter Landwirt ist. Er kritisierte aber, dass bei Milchkühen „nicht nur Gras im Trog liegt“. Deshalb habe die Nicht-Regierungs-Organisation auch auf der Grünen Woche eine Aktion gestartet, um Kritik an der Milchwirtschaft zu üben. „Wir haben einen umfangreichen Fragenkatalog an zehn Molkereien geschickt und haben nicht einen einzigen zurückbekommen“, begründete Hofstetter die Aktion. Die Fragen drehten sich rund um das Thema Klimaschutz und Treibhausgasemissionen.

Molkereien fürchten Verlust von Wettbewerbsfähigkeit

Kasper Nielsen von Arla kritisierte das Vorgehen: „Wir waren im Vorfeld in intensiven Gesprächen mit Greenpeace und dann kam nochmal ein Fragebogen“, erklärte der für die Landwirte zuständige Arla-Vertreter. „Wir als Molkereien wollen gemeinsam an Themen arbeiten, stehen aber trotzdem im Wettbewerb zueinander“, so Nielsen. Weil die Wettbewerbsfähigkeit mit dem Fragebogen gefährdet gewesen sei, habe sich die Genossenschaftsmolkerei dagegen entschieden, den umfangreichen Katalog zu beantworten.

Öffentlicher Druck verursacht psychische Probleme

Auch Milchviehhalter Matthias Everinghoff kritisierte Greenpeace für Aktionen wie auf der Grünen Woche: „Für mich als Landwirt ist es teilweise schwierig sowas auszuhalten“, schilderte er. Matthias Everinghoff führt in Niedersachsen einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Kühen, Grünland und Ackerbau sowie einer Biogasanlage. Er kritisierte, dass die Thesen von Tierschutz- und Umweltorganisationen meistens einseitig und reißerisch formuliert sind. Das sei vor dem Hintergrund Spenden generieren zu wollen nachvollziehbar. „Durch den öffentlichen Druck, dem Landwirte ausgesetzt sind, entstehen aber auch psychische Krankheiten auf den Höfen“, machte er deutlich. Er zog einen Vergleich: „Kaffeekonsum stellt niemand in Frage, obwohl das 10 Mio. t CO2 freisetzt.“ Viel lieber würde über Milch diskutiert.

„Wir tun hier so, als würde es wenig Probleme in der Milchwirtschaft geben“, kritisierte Hofstetter und betonte, dass es wichtig ist, auch über die Wiedervernässung von Mooren und über das Ernährungsverhalten zu reden. Auch Dr. Ophelia Nick sagte, dass Landwirte zwar unsere Teller voll machen und oft zu wenig wertgeschätzt würden, dennoch nicht alles gut sei in der Landwirtschaft: „Wir kämpfen sehr für Geld für den Umbau der Tierhaltung“, sagte sie. „Egal ob Tierwohlcent oder Mehrwertsteuererhöhung – den Umbau der Tierhaltung zu gestalten, wird nicht über den Markt gehen.“

CO2-Abdruck der Betriebe individuell betrachten

Dr. Monika Zehetmeier von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) betonte, dass es wichtig ist, bei der Bewertung von Treibhausgasemissionen genau zu differenzieren: „Jeder Betrieb ist unterschiedlich“, sagte sie. Eine hohe Milchleistung bedeute nicht gleich, dass der CO2-Fußabdruck niedrig ist. „Es sei wichtig genau hinzuschauen und die Datenerfassung möglichst einfach zu gestalten. „Das ist ein Zwiespalt“, gab sie zu.

Landwirte haben wenig Zeit, deshalb müssten Fragebogen einfach sein. „Je tiefer man aber rein geht, desto interessanter wird es“, schilderte sie ihre Erfahrung. Ihr ist wichtig, dass die Betriebe konkrete Ergebnisse an die Hand bekommen, mit denen sie arbeiten können. „Bürokratischer Aufwand ohne Ergebnisse dürfen bei diesem wichtigen Thema nicht sein“, sagte sie.

Das unterstrich auch Praktiker Matthias Everinghoff: „Jeder einzelne Betrieb hat einen Wert für sich. Es gilt, möglichst viele zu erhalten.“

Videoaufzeichnung

Das Video zum top agrar LID finden Sie hier:

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